Bullemänner im Ballenlager

Das Licht verlischt, aus den Lautsprechern gackern Hühner, und die Zuhörer stimmen ein. Vorschussgelächter als Zeichen der Vorfreude und der guten Erinnerung an die Abende vor einem Jahr und vor zwei Jahren. Die Scheinwerfer geben Licht, ein dröge gewandeter Landwirt betritt die Bühne. Alles klar, los geht's. Die Bullemänner sind da, wieder mal. Und wieder mal ist das Haus voll: fast 500 Fans im Ballenlager. Mit Kabarett dieser Klasse ist die Kulturinitiative seit jeher auf der sicheren Seite.
Zu Greven fallen den beiden Bullemännern Augustin Upmann und Heinz Weißenberg gleich ein paar Dönkes ein. Natürlich wundern sie sich über den Giro. "Aber die Fahrradprofis sind ja immer auf der Suche nach Doping-Experten, da sind sie bei den Schweinezüchtern im Münsterland genau richtig." Und weil der Stadt stets Geld fehlt, könne sie sich in Analogie zu Haltern am See, Kamen am Kreuz und Essen auf Rädern (an den Autobahnen) künftig auch "Greven am Tropf" nennen.
Die beiden dürfen so gemein sein, denn diesen Typen verzeiht man einfach alles. Diese Mischung aus gescheiten Erkenntnissen und provinzieller Tölpeligkeit provoziert unweigerlich ein Lachen in den Gesichtern der westfälischen Zuschauer. Denn all die Absurditäten, die vermeintlichen Nebensächlichkeiten, die die beiden Berufs-Torfköppe so unheimlich wichtig nehmen, kommen uns so vertraut vor. Menschen wie August Laukämper, Eigentümer des führenden und einzigen Feinkost-Fachhandels in Suchtdrup und praktizierender Ortsheimatpfleger, und Heinrich Stertkötter, Unterbrandmeister der Freiwilligen Feuerwehr, im Hauptberuf Nebenerwerbslandwirt, gibt es ja wirklich.
Die Figuren und Geschichten der Bullemänner triefen vor Klischees. Die Feuerwehrleute sind "freiwillig, männlich und katholisch". Wenn's um Liebe geht, denken die Menschen aus dem fiktiven Ort Suchtdrup an "erotische Klöppeleien und herzförmig ausgestochenen Schwartemagen." Die Leute im Neubaugebiet sind evangelisch und fahren höchstens mal Aufsitzrasenmäher. Und doch ist alles so nah an der Wirklichkeit.
Manchmal gelingt es den beiden auch, nicht nur in einem Rutsch einen ganzen Landstrich und die Bewohner zu karikieren, sondern auch moderne Auswüchse aufs Korn zu nehmen. Da hat beispielsweise die Suchtdruper Chemeindeverwaltung die Feuerwehr privatisiert. "Wir müssen jetzt mit Chewinn arbeiten." Ein brennender Advents-Chranz? Da schreibt die Chebührentabelle 14 Euro 60 vor. "Da chriegen we nichmal de Spritkosten drin. Datt macht die Feuerwehr Chreven."
Wenn sie so erzählen, wenn sie dem Brasilianer ein heimisches Schützenfest erklären und die westfälische Computertastatur mit "Jau" statt "Enter" und "Go mie wech" statt "Escape" vorstellen, gehen die Bullemänner ganz liebevoll auf Distanz zur Dorftümelei, die offenbar nur auf Freiwilliger Feuerwehr, Landwirten, Korn und Schützenfesten beruht. Auf diese Distanz bestehen auch die Zuschauer, sie lachen mit den Bullemänner über diese Sturköppe und sind einen Abend mal ganz anders, irgendwie überlegen.
Noch ein paar Zugaben, nach weit mehr als zwei Stunden ist Schluss. "Geh nach Bett, wenn de ein Westfale bist."

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