Dreigroschenoper im Ballenlager

So wie Berthold Brechts Werke polarisieren, so entzweite auch die Inszenierung der Dreigroschen- oper des "Theaters in der Kreide" am Samstagabend im Ballenlager das Grevener Publikum.

Verhaltener Beifall für das dreistündige Stück, obwohl Brechts Lehrformel vom epischen Theater und der Verfremdung hervorragend umgesetzt wurde. Ein schlichtes, nüchternes Bühnenbild mit frischen Strohballen ausgelegt, das den Fokus des Zuschauers auf die Handlung bannte und keine aus Brechts Sicht überflüssigen Gedankenspiele zuließ, förderte die Erwartungshaltung.

Außergewöhnlich war auch der Beginn der Oper. Im Foyer begrüßte die Gäste ein Feuerspucker und die von Brecht in jeder Szene vorgeschaltete Ansagerfunktion fand im Vorraum des Ballenlagers statt. Auch in diesem Bereich verdient der Regisseur Dr. Reinhard Stähling ein Lob für das konsequente Beibehalten des Ansagers und der sehr guten Einbindung der Musik von Kurt Weill. "Denn der Haifisch mit den Zähnen" gehört zur Dreigroschenoper, wie Captain Mackie Messer nach Soho.

Doch das Publikum war irritiert von all der Clownerie und Comedy, die um und in die Handlung der Heirat des Verbrecherkönigs Mackie Messer und der jungen, wohlbehüteten Polly Peachum unweigerlich und bewusst mit einfloss. Dazu kam die ungünstige Positionierung der Musikanten, die vor allem Lisa Klimaschweski als Polly Peachum oft übertönten und die Songs mit wichtigen Vorausdeutungen und Inhalten zur Kritik am bürgerlichen Leben und der engen Moralvorstellung für einen Teil des Publikums unverständlich machten.

Doch die wenigen Besucher, von denen leider schon einige nach der viertelstündigen Pause gingen, dürfen nicht der schauspielerischen Leistung oder der eigenwilligen Inszenierung angehaftet werden.Unglückliche Faktoren, wie das warme Sommerwetter lockten nur wenige Grevener von ihrer Terrasse in das Ballenlager. Die, die kamen, waren verwundert, entsetzt aber auch begeistert. Denn auch Brecht ging mit seinem epischen Theater neue Wege in der Dramentheorie und wurde harsch dafür kritisiert.

Doch am Ende bleibt es jedem Besucher frei den Abend zu bewerten, denn Brecht und Stähling polarisieren eben.

(zurück zum Archiv)