Memo Gonzales & The Bluescasters in der Kulturschmiede

Woran erkennt man gute Musiker? Vielleicht mit einem Blick auf die Füße der Zuschauer. Wer es schafft, bereits beim ersten Stück bei einem Großteil des Publikums die Fußbewegung in Einklang mit dem Rhythmus zu bringen, muss es irgendwie drauf haben. Und das hatten Memo Gonzales und seine Bluescasters, tags zuvor noch in Brüssel auf der Bühne, am Samstag zweifelsohne. Von Beginn ihres Konzertes in der Kulturschmiede, das am Samstag begann und am Sonntag endete, hatten sie das 120-köpfige Auditorium mit ihrem Mix aus Blues, Rock'n Roll und Swing auf ihrer Seite. Und das, obwohl Schwergewicht Memo auf sich warten ließ. Zunächst ließ er seiner Band plus Verstärkung den Vortritt. Denn zum zehnjährigen Bühnenjubiläum hatten sich illustre Gäste angesagt. Christian Bleiming am Klavier zum Beispiel, der "westfälische Boogie-Woogie-König", dessen linke Hand nicht nur bei Stücken wie T-Bone-Walkers "The hustle is on" das perfekte rhythmische Fundament von Drummer Henk Punter und Bassist Erkan Özdemir ergänzte, während die rechte eigene Melodiebögen improvisierte. Oder Keith Dunn, Blues-Legende aus Boston mit aktuellem Wohnsitz Rotterdam, fast so etwas wie der heimliche Star des Abends. Sein Gesang und vor allem seine Mundharmonika sorgten bei Stücken wie "Deep in my heart for you" für jenen Hauch von Melancholie, der den Blues so zeitlos macht. Und immer wieder Kai Strauss, ein passabler Sänger und weitaus besserer Gitarrist, dessen Soli auch dann den richtigen Ton trafen, wenn der Gitarrenhals hinter einem Handtuch verschwand.

Doch als man fast zu vergessen schien, dass die Band Memo Gonzales & The Bluescasters heißt, kam er auf die Bühne. Mindestens 150 Kilo Lebendgewicht, das ist ausreichend Volumen, um der eigenen Stimme und diversen Mundharmonikas soviel Leben einzuhauchen, um das eh schon gut gelaunte Publikum endgültig zum Kochen zu bringen. Ob Eigenkompositionen oder Coverversionen von Klasikern wie Doc Pomus' "His latest flame", einem der späteren Elvis-Hits, der Exil-Texaner mit Wohnsitz in Melle drückt jedem Titel seinen eigenen Stempel auf. Und bleibt auch beim Spaziergang mit seiner Blues Harp durchs Publikum, bei anderen oft aufgesetzte Pose, authentisch.

Doppelter Trost für alle Zuschauer, deren Füße auch nach Konzertende keine Ruhe geben wollten: einen vor zwei Wochen in England aufgezeichneten Konzertmitschnitt der Band gibt es bald auf Tonträger, und bereits am kommenden Samstag bei Swingin' Greven kann weiter gewippt werden - allerdings ohne Memo Gonzales.

 

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