"Impro 005" in der Kulturschmiede

Mit einem solchen Andrang am Freitagabend hatte wohl niemand gerechnet, man wäre sonst bestimmt ins größere Ballenlager ausgewichen. Die KI hatte aus Münster das Improvisationstheater "Impro 005" eingeladen, seit fast 9 Jahren begeistern die professionellen Schauspieler, Kabarettisten und Comedians in ausverkauften Veranstaltungen ihr Publikum. Und den Stoff für die schauspielerischen Träume und ad hoc Umsetzungen lieferten die Grevener natürlich selber, machten so das Programm zu einem wunderbar skurrilen persönlichen Abend.

Jede Szene dieses Abends wurde zum Unikat, nie zuvor da gewesen und nicht wiederholbar. Wie absurd und irreal die Vorschläge auch waren, nie kapitulierten die Akteure aus der Domstadt, sondern zeigten enorme Wandlungsfähigkeit und erfrischende Unterhaltung auf höchstem Niveau. Es brodelte die Addi-Begeisterungsschnee-Welle durch den Saal, wenn Marcel Kaiser, Marcus Loebe-Keuter, Jürgen Werner und Irmhild Willenbrink mit Witz und Charme zum Angriff auf die Lachmuskeln ansetzten. Aus alltäglichen Begebenheiten wurden unerwartete Spielsequenzen kreiert, liebevoll von Marcus Fischer als Hofmusikant untermalt. Diverse Filmgenre durchlief die Geschichte vom "Wachtelbrüstchen", im Science Fiktion, Krimi, Western und Heimatfilm zeigte sich die unglaubliche Palette schauspielerischer Kunst vom "Impro 005", vor der manch preisgekrönter Filmheld vor Neid erblassen könnte. Aus dem simplen Fernsehprogramm-Wechsel wurde das "Chanel Hopping" geschaffen, zwischen Nachrichten, Sport, Erotik und Tierfilm warfen sich die Akteure temporeich die Spielbälle zu.

Großes Einfühlungsvermögen zeigten sie im Umgang mit intimsten Offenbarungen aus dem Publikum. Aus Utes erstem Kuss wurde eine Bülow-verdächtige Abendgesellschaft auf einem festlich mit Strohballen geschmückten Schloss, wo der Graf zur Erdbeerbowle die holde Jungadelige dem Ehrengast bei barocker Tafelmusik zuführte.

Im zweiten Teil ging es alltagstauglicher zu, wurde das Standesamt zum ort, wo wahre Gefühle Wirklichkeit werden im Chaos diverser unterdrückten Beziehungsgeflechte. Man verband das Schneefegen im Januar mit einem VHS-Töpferkurs, entwickelte neuartige Handlungsstrukturen beim Babywickeln, wurde Delphinreiten zum auserkorenen Rekordsport. Mit dem Fahrrad ging es dann Ideenreich zum Matterhorn, wo der Almödi sein Eremitendasein vergaß und stattdessen seine Mitstreiter in die höchsten Gipfel improvisatorischer Kleinkunst schob.

Dass bei allem Streben nach Unterhaltung auf äußere Effekte und Simplizität verzichtet wurde, machte diesen Abend zu einem Juwel im Angesicht immer mehr in die Mittelmäßigkeit abgleitender Comedians in Fernseh-Shows. An diesem Abend war eben nichts unmöglich, überraschend groteske Entwicklungen und skurille Charakteren gab es in einem Feuerwerk der Publikumsideen.

 

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