Manfred Krug im Ballenlager

Schreibt jetzt manchmal, aber nur wenn's geht und nur dies eine Mal über sich", sagt Krug über Krug, als er 1996 in "Abgehauen" seine Auseinandersetzung mit der DDR und ihrem Kulturbetrieb dokumentiert. Hat er nicht gehalten, der Krug und 2003 mit "Mein schönes Leben" ein autobiographisches Frühwerk draufgesetzt.

Von diesem Versprechensbruch profitieren am Samstagabend rund 300 Krug-Fans im Ballenlager. Ebenso allerdings von jenem jetzt eingelösten Versprechen, dass er wiederkomme. "Sehr glücklich bin ich in Greven angekommen zu sein." Dem menschelnden Krug nimmt man's ab, ist doch Greven die einzige Stadt, die er zwei Mal angefahren hat, um ein Mal aufzutreten. Schmerzhafte Nierenkoliken vereitelten vor einem guten Jahr den Auftritt des Schriftstellers, Schauspielers und "mich kennt keiner als Sänger".

Die 30 Euro, die Krug-Freunde an der Abendkasse abgegeben haben, versprechen gut investiert zu sein.

"Sie kommen in ein Konzert, zu dem eine ganze Lesung gehört", kündigt der gebürtige Duisburger, dem Familientradition eigentlich eher den Part am Hochofen als auf der Bühne zugewiesen hätte, seinem erwartungsfrohen Auditorium an.

Sagt's und macht die Bühne frei für sein "Jazzin' the Blues"-Quintett. Hammond-Organist Matthias Bätzel, Bassist Henning Protzmann, Drummer Wolfgang "Zicke" Schneider, Saxofonist Andreas Bicking und Jung-Gitarrist Rüdiger Krause brillieren als exzellente Musiker. Sie spielen den Jazz in streng beherrschter Form, Ton genau selbst die kleinen Soli-Ansätze. Beste musikalische, die Wendezeit unbeschadet überdauernde Ost-Klasse hat Krug zu seinen Begleitern gewählt. Ein Kompliment, das allemal für Jazz-Sängerin Uschi Brüning gilt, die mit "Manne" Krug schon vor Jahrzehnten auf DDR-Brettern um die Wette sang. Eine Meisterin der kühlen Töne. Aretha Franklins heißblütiger Soultitel "The Son of the Preacher Man" klingt bei der sympathischen Leipzigerin wie ein "Whiskey on the Rocks".

Ehe der Krug mit der Brüning mal sitzend, mal stehend zum Finale singt, lädt der Autor zum per Eieruhr begrenzten Rezitationsvergnügen. Da wird auch dem letzten Telekom-Aktionär im Publikum klar, warum er eben dort fehlinvestierte: Die sonoren, leicht rauchig-reibend getrimmten Stimmbänder vermitteln behagliche Atmosphäre, flößen allemal Vertrauen ein. Anekdotisch reiht er die oft rauen Kindheitserinnerungen aneinander - "wog zehn Pfund, kam als Steißgeburt, während mein Vater es mit Mutters Freundin Emmy trieb". Er amüsiert und fesselt zugleich seine Zuhörer mit jener richtungsweisenden Episode, bei der der 17 jährige Manfred 1954 eine staatliche Kommission von seinen Talenten überzeugt. Beifall in offener Lesung! Ein Abend, der doppelt unterhält und dem örtlichen Urologen zur kostenlosen Krug-Werbung verhilft: "Wenn Sie selbst mal erkranken, das lohnt sich . .

 

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