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Frank Lüdecke in der Kulturschmiede Am Samstagabend erlebte das Publikum in der gutbesuchten Kulturschmiede mit dem Berliner Kabarettisten Frank Lüdecke einen Abend, der niveauvolle Unterhaltung mit feinster Satire verband. Suchen andere Kabarettisten heutzutage häufig die Verbindung zur Comedy, so sprach Frank Lüdecke mit seinem virtuosen Umgang mit der Sprache mehr den Intellekt an, begeisterte er sein Publikum durch seinen scharfzüngigen und anspruchsvollen Humor. Er zeigte sich als einer der wohl wortgewandtesten Meister seines Metiers. Vor einigen Tagen glänzte dieser sympathische Mann im Anzug, dessen blitzende blaue Augen hinter schmalen Brillen läsern doch alles sehen, noch bei "Scheibenwischer". Am Samstagabend nahm er sein Publikum mit in die wahren Abgründe gesellschaftlichen Versagens. Und so erfuhr man auch in Greven, warum es mit Deutschland bergab geht. Es ist nicht das elitäre Gedankengut ganzer Generationen, sondern das Abwenden vom Streben nach Höchstem, kurz das Fehlen der Eliten im Lande der Dichter und Denker. Als solcher ist Frank Lüdecke wohl einer der letzten vom Bildungsbürgertum geprägten Menschen hierzulande, denn er kennt noch humanistisches Kulturerbe, weiß größere Zusammenhänge aufzuzeigen. Wenn er dann mit Originalton der Rundfunkübertragung vermischt das "Wunder von Bern" nachspielt, mit ehemaligen Flakhelfern im schwarz-weißen Dress und einem Feldwebel als Trainer, dann spürt man wohl die Begeisterung Tausender, die zwar die "dritte Strophe der Hymne nochnicht kennen", die erste aber unbeirrt weitersingen wollen. Und dies ist auch die Kraft, die Deutschland im Gesamten heute fehlt. Aus dem nichts Großes erschaffen wird, trotz der Demontage durch die 68er mit ihrer zerstörerischen Gruppenarbeit, dem Abwenden vom Strebertum in einer verflachenden Gesellschaft. Mit dem satirischen Seziermesser bewaffnet gelingt es ihm, dem Drama des Landes ein Horrorszenarium gleichzusetzen, in dem die Deutschen aussterben, trotz überragender Leistungen beim Bau von Kläranlagen statt Elitehochschulen. Und diesem Mann hinter den Kulissen vom Kom(m)ödchen, dem Hauptautor von Dieter Hallervorden, gelingt der Spagat zwischen Vergangenheit, Gegenwart und düsterster Zukunft. Allein mit seiner exquisit gespielten Gitarre bewaffnet beherrscht Frank Lüdecke die Kunst der leisen Verführung, wo er erst einschmeichelnd süffisant Anekdoten erzählt, die sich beim Weiterdenken als bissigste Anspielung herausstellen. Mit seinem Hauptstadtkabarett brachte er den Glanz der großen weiten Welt nach Greven, bissige Zeitanalyse, die kein Manko im gesellschaftlichen Treiben unaufgedeckt ließ. Seine feinsinnigen Pointen rissen immer wieder zu Begeisterungsstürmen hin, man folgte dem Protagonisten willig bei seiner Frage, warum die Deutschen schon lange nichts mehr auf die Reihe kriegen. Und Frank Lüdecke sprach nicht nur über vergangene glorreiche Zeiten, fast visionär stellte er sich auf die Seite der Ausgegrenzten, der Verfechter von freiem Gedankengut und fundierter Allgemeinbildung. Wo dies der Nährboden elitären Wachsens ist, hat nach Frank Lüdecke Deutschland noch eine Chance. Das Grevener Publikum hat er auf jeden Fall überzeugt.
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