Ohnsorg-Theater im Ballenlager (Dat Hörrohr)

Der griesgrämige Opa Meiners war spitze. Wie seine Augen blitzen, als er "das moderne Krams", ein mit Technik aufgemöbeltes Hörrohr, ausprobiert und die Uhr wieder ticken hört! Wie er sich dazu im Takt in den Hüften wiegt und plötzlich der Ischiasnerv klemmt! Köstlich. Mancher Zuschauer hätte sich aber wohl ebenfalls ein Hörrohr gewünscht, um "Dat Hörrohr" mit seinen geschliffenen Dialogen, witzigen Pointen und trockenen Bemerkungen bis ins Detail goustieren zu können. Denn die nicht gerade berauschende Akustik des Ballenlagers verschluckte doch manchen Halbsatz der Ohnsorg-Theater-Schauspieler. Am Donnerstag präsentierten sie, wie für Profis üblich, ohne Mikrophon ihre amüsante Komödie aus den 50er Jahren.

Wie meist beim Ohnsorg-Theater ging es um Intrigen und Verwicklungen und darum, dass am Ende die Betrüger die Gelackmeierten sind. Diesmal soll dem fast tauben Opa Meiners der Hof abgeluchst, er selbst ins Altenheim verfrachtet und aus dem Anwesen ein "Etablissement" gemacht werden. Aber da sind eine nette Enkelin und ihr Liebster vor, die den alten Herrn mit einem modernen Hörrohr ausrüsten. Er kommt hinter die finsteren Pläne, fängt den Oberintriganten mit einer Rattenfalle, am Ende kriegen sich die jungen Leute und die Schwiegertochter und ihr Waschlappen von Mann müssen ins Heuerhaus.

Man sieht: Der Inhalt des Stücks unterscheidet sich nicht sehr von jenen Schwänken, die Amateurtheater gerne aufführen. Aber die Schauspieler des Ohnsorg-Theaters sind alte Hasen, und sie machten daraus ein vergnügliches Theatererlebnis, das die knapp 400 Zuschauer immer wieder zu lautem Gelächter hinriss. Vor allem dem überragenden Jens Scheiblich gelang es mit kleinsten Gesten, mit knapper Mimik, mit winzigen Nuancen im Ton das Publikum mitzureißen. Aber auch Heidi Mahler als Schwiegertochter Bertha, nach außen überbesorgt, in Wirklichkeit aber eine geldgierige Beißzange, bot echte Ohnsorg-Theaterqualität - temporeiches Spiel, schrille Töne, die glaubwürdige Verkörperung eines Typs.

Aber auch die weiteren Rollen -Axel Stosberg als großkotzigen Hamburger Geschäftsmann in groß kariertem Anzug und mit Toupet, der ein Konzept für das geplante "Etablissement" auf dem Lande mal eben aus dem Ärmel schüttelt, Meike Meiners als kokette Nachbarin, Oskar Ketelhut als cleverer Großknecht, Sonja Stein als verliebte Enkelin und Jürgen Lederer als korrekter Notar überzeugten durchaus, und sogar Bertas Ehemann (Peter Wohler) und sein Nachbar Tobias (Detlef Heydorn), die, ihren Rollen entsprechend, kaum etwas zu sagen hatten, boten in kleinen Szenen großes Theater. Umwerfend wie sie, stockbetrunken, über die Gleichberechtigung philosophieren und dann skandieren: "Schnaps ist Männersache."

Unterm Strich also: Mit ihrem Experiment, einmal ganz anderes Theater ins Ballenlager zu bringen, hat die KI trotz gewisser Mängel bei der Akustik vielen Zuschauern eine ganz große Freude gemacht - der Beifall am Ende sprach für sich.

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