Die lange Nacht der Poesie im Ballenlager

Wer ist schuld an leeren Theatern? "Der Staat natürlich." Zwingen müsste man die Leute, wetterte Friedhart Faltin, oder besser gesagt, seine Handpuppe von der Bühne. Die rund 120 Besucher im Ballenlager waren am Samstagabend allerdings ohne "Theaterzwang" gekommen. Gelockt von der "langen Nacht der Poesie", die in einem vierstündigen Programm sieben Leckerbissen aus nahezu allen Bereichen der Kleinkunst versprochen hatte.

Das Versprechen hielt, alle Künstler begeisterten vollends: Manfred Hausin, der vor Jahren die "Compagnie Poesie" ins Leben rief und befreundete Künstler für die langen Nächte der Poesie um sich versammelte, rezitierte einige seiner Gedichte. "Mindestens zweideutig, wenn nicht eindeutig" waren diese. Eindeutige Abgründe taten sich auf, als Winfried Bornemann seine "Briefmacken" zum Besten gab. Bornemann verschickt Juxbriefe in alle Welt, mit Vorliebe an die Adresse der deutschen Bürokratie. So hat sich schon die Bundesbank mit einem angeblich falschen Pfennigstück beschäftigt, das Amt für öffentliche Sicherheit wiederum musste sich mit Bornemanns Tätigkeit als "Hobby-Chirurg" herumschlagen. Obwohl man dort nach langem Hin und Her erkannte, dass es sich wohl um einen Gag handelt, musste Bornemann eine eidesstattliche Erklärung abgeben. Gesagt, getan: "Ich erkläre eidesstattlich, dass ich in meinem Keller keine weiteren Operationen durchführen werde."

Ähnlich erheiternd war der Auftritt von Zauberer Matthias Wesslowski.Nicht nur seine kleinen Kunststückchen begeisterten, sondern auch der verbale Nonsens, mit dem er seinen Auftritt garnierte.

Ganz andere Themen besetzte Folksänger Erich Schmeckenbecher: Nachdenkliche, vornehmlich alte Songs spielte er und war damit für die leiseren Töne der Nacht zuständig.

Dass er nicht nur lügen kann, bewies Bernhard Lassahn, einer der Autoren der Käpt'n-Blaubär-Geschichten. Er hatte auch augenzwinkernde Texte für Erwachsene im Gepäck. Heino und Mäuse alias Heinrich von Gyldenfeldt und Jürgen Krejci komplettierten den nächtlichen Kleinkunstreigen.

Dem Publikum forderte die lange Nacht der Poesie zwar etwas Sitzfleisch ab. Doch der Gegenwert, den die außergewöhnliche Kleinkunstmischung der Compagnie Poesie bot, wog das mehr als auf. Langer Applaus und zufriedene Gesichter der Zuschauer waren das verdiente Ergebnis. Ganz ohne "Theaterzwang".

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