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Torsten Riemann in der Kulturschmiede Es ist ein Samstagabend wie er im Buche steht. Nachdem man tagsüber von den ersten richtig warmen Sonnenstrahlen verwöhnt wurde, will man abends auch die Seele umschmeicheln lassen. Man schlägt den Weg in die Kulturschmiede ein, hofft noch einen guten Platz zu erwischen, vielleicht ganz weit vorne. Denn Torsten Riemann ist für diesen Abend angekündigt, ein Lyriker in Wort und Musik, von Kollegen wie Konstantin Wecker ausdrucksstark gewürdigt. Und dann findet man knapp 20 Gleichgesinnte versammelt an den Tischen sitzend, bei Kerzenschein und einem Glas Wein. "Lieber tritt er vor leeren Stühlen als vor leeren Köpfen auf" - leider war ersteres bei diesem Konzert wohl der Fall. Aber der Berliner Musiker, der von Riga bis Prag seine Lieder sang, Tourneen durch Estland und Lettland unternahm und über die Goethe-Institute als Botschafter deutscher Sprache und Musik seine unstillbare Lebenssehnsucht verbreitet hat, ist von seiner eigenen Sache viel zu überzeugt, um sich entmutigen zu lassen. Er singt mit einer Energie, als wenn Hunderte ihm lauschen, schaut dabei jedem in die Augen, ist präsent und irgendwie vertraut. Denn seine Lieder handeln wie Balladen von den großen menschlichen Gefühlen, zwischen Liebe, Tod und Leben steht die Sehnsucht. Was bleibt ist vielleicht ein Moment heißt es dort, wenn dieser deutschsprachige Chansonier am Klavier wie Luc Brian aus diesem seinem Leben erzählt. Abgründe gibt es für ihn, ebenso wie Höhenflüge, "Als ich im Dreck lag" erscheint wie ein Synonym des Scheiterns und gleichzeitig visionär als intensiv gelebter dazugehörender Teil. Denn auch für Torsten Riemann kann der "Himmel voller Geigen hängen", schließlich ist Verliebtsein für ihn nicht romantisch verklärt, sondern eher ein akuter Ausnahmezustand. Und diesen zu besingen wird er an diesem Abend nie müde, er träumt von so vielem und verrät viel von seinem Denken, wenn er als musikalische Anmerkung "Ich hab' im Kopf ein Kino" präsentiert. Mit seiner kraftvollen Stimme singt er sich in die Herzen aller, erlebt selber dabei die Begeisterung der wenigen, die entschädigt für alle Mühen. Ob am Klavier, Akkordeon oder Gitarre, er wählt jederzeit mit traumwandlerischer Sicherheit das passende Instrument, vertreibt mit Herzenswärme den Winter, in den Gedanken ebenso wie im Zeitempfinden. "Sag nie, es ist zu spät" macht einfach Mut, "Endstation Sehnsucht" ist gleichzeitig Beginn der Reise zu sich selbst, und "Loslassen hast du nie gelernt" könnte jedem gelten. Seine Moritaten vom Klassentreffen, bitterböse die etablierten früheren Revoluzzer anprangernd, vom Besuch im Studentenclub oder von Liesbeth, die fünf Kinder großgezogen hat und nun an der Flasche hängt, von den Nachbarn verspottet und verhöhnt - sie zeigen seine Art zu sehen. Hinter den Dingen verbirgt sich für ihn eine Wahrheit, der es nachzuspüren gilt. Dieser Sänger braucht nur ein Chanson, aber seine Zuhörer müssen mitdenken. Unbequem, querdenkerisch und leidenschaftlich verzaubert er die Kulturschmiede. mit Liedern, die unter die Haut gehen. Dieses Konzert dauerte zur Freude aller auch länger als geplant, man ist fast süchtig nach diesen aus dem Leben gegriffenen Balladen der Menschlichkeit. "Und ich bin mittendrin" hieß das Programm, Torsten Riemann war es an diesem Abend sicherlich. Schade nur, dass so wenige sich dafür interessierten. Dieser Sänger erinnert an den frühen Klaus Hoffmann, dessen Berlin damals noch das der kleinen Leute war. Torsten Riemann ist ihm sicherlich ebenbürtig.
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