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6-Zylinder im Ballenlager: Singen Es waren nicht die tosenden Winde, der stürmische Regen oder andere Unbilden der Natur, die am Samstagabend das Ballenlager zum Wanken brachten. Aber wie ein wiederkehrendes Naturereignis waren die sechs sympathische Herren im Anzug nach Greven gekommen, um dem begeisterten Publikum das zu geben, was sie am besten können - a-capella Gesang vom Feinsten. Schließlich heißt ihr aktuelles Programm nicht umsonst "Singen". Diesem Leitsatz folgend präsentierten sich die 6-Zylinder im ausverkauften Ballenlager mit einer Frische und Lebendigkeit, die vergessen ließ, dass sie in den letzten Wochen über 80 Konzerte gegeben haben. Der Kontakt zum Publikum war vom ersten Ton an geschaffen, man inspirierte sich gegenseitig. Als die Sänger mit fast tantrischen Klängen die Bühne betraten, begann für die Zuhörer eine musikalische Reise zu internationalen musikalischen Welten. Ob nun Winne Voget zum Nachtbusfahren in Münster einlud oder der Bassist Henrik Leitreiter in den Wiener Prater zu Kreislers "Tauben vergiften im Park". Jederzeit waren die Lieder gewürzt mit ungewöhnlicher Harmonik, exzellenten Arrangements und tonaler Vielfarbigkeit. Da die 6-Zylinder aber eigentlich unheimlich tierlieb sind, widmeten sie auch dem Urgestein deutscher Landen ein fast dramatisches Ständchen, dem genüsslich auf der Hutablage ruhenden kopfwackelnden Dackel. Auch beim heimischen "Lass Uns Mal Ran" zeigten sie Einfühlungsvermögen und Sachverstand für die fußballbegeisterte Welt. Tilo Beckmann verarbeitete mit seiner engelsgleich reinen und hohen Stimme sämtliche Klischees der Musikwelt, sein "Stayin' Alive" mit perfekter Choreographie war Sinnbild für den fast englischen Humor der sechs Herren im dunklen Anzug. Große Gefühle gab es an diesem Konzertabend aber genauso. Jos Gerritschen interpretierte die Ballade "Malle Babbe" mit einer Intensität, die zu Herzen ging. "Sous Le Ciel De Paris" von Nicolas Leibel vorgetragen hätte auch Edith Piaf gefallen. Leichte Melancholie wurde perfekt eingebettet in diese emotionale Ausrichtung. "When I Need You" und "Kiss From A Rose" bestachen durch ausgefeilte Klangdifferenzierungen und gekonnte Intonation. Schließlich haben die 6-Zylinder in ihrer 20-jährigen Laufbahn ein Niveau erreicht, wo gesangstechnische Schwierigkeiten längst überwunden scheinen. Sie konzentrierten sich bei ihrem Konzert im Ballenlager quasi auf die Ursprünge, ohne große Effekte meisterten sie auch schwierigste Melodieabläufe und rhythmische Verschachtelungen. "Sing, Sing, Sing", "Chante La Vie" und "Everybody Needs Somebody" begeisterten mit Lebendigkeit und Farbenreichtum. Mit diesem Programm hatten sie für jeden Geschmack etwas dabei. Als Thomas Michaelis zur Begleitung einer Heilsarmee-Gesangstruppe zu seinem "I Bin A Stiller Zecher" anstimmte, erntete er bei jeder durch das Wasserglas inspiriert-alkoholisierten Strophe wahre Ovationen. Natürlich ließ man die 6-Zylinder nicht ohne vier Zugaben gehen. Das Publikum lieferte sogar unter der Einstimmung durch Winne Voget mit dem "Amazing Grace" die Kulisse für einen Rollentausch, auf Klappstühlen lauschten diesmal die Sänger.
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