Cafehausmusik im Kolpinghaus (WN)

Beschwingende Salonmusik bahnte sich souverän einen Weg durch den Saal. Mit offensichtlichem Wohlgenuß labten sich 80 Grevener an den ungewohnten Klängen, während sie gleichzeitig ein Täßchen Kaffee schlürften, am selbstgebackenen Kuchen knabberten und mit dem Nachbarn plauderten. Die „Kulturinitiative Greven eV“ hatte zu einem beschaulichen, anregenden Ausflug eingeladen. Ort: Ein Cafehaus. Zeit: Die Jahrhundertwende.

Salonmusik ist wieder im Kommen. Die zur Zeit der Jahrhundertwende übliche Musikrichtung eignet sich insbesondere für die musikalische Untermalung eines Salonbesuchs. Karl-Heinz Ciechek entschloß sich 1986, ein solches Salonorchester wieder aufzubauen. Das fiel dem Kapellmeister, der an der Westfälischen Schule für Musik in Münster arbeitet, gar nicht mal so leicht: Die Noten der Salonmusik (z. B. Johann Strauß, Karl Zierer, Paul Linke) sind oftmals verschollen, vieles muß man durch Glück und Zufall aus alten Archiven herauskramen.

Salonorchester haben keinen Dirigenten, sondern nur einen Kapellmeister. Es gibt also keinen den Ton angebenden Leiter. Statt dessen muß jeder auf den anderen hören, um ein harmonisches Zusammenspiel zu gewährleisten.

„Das ist eben live – Hauptsache', man findet sich am Schluß wieder“, erläuterte Ciechek das improvisierende Prinzip des Musikstils. Sein Ensemble ist zehn Mann stark. „Wenn du Nina mal ruhig halten willst, dann engagier dir ein Orchester“, riet eine Dame dem Vater der Zweieinhalbjährigen. Nicht nur die Kleine lauschte den Tönen mit offenem Mund und sichtlicher Konzentration.

Wenn die Polka „Leichtes Blut“ (Johannes Strauß) wie ein spritziger, etwas zu übermütiger Heißsporn durch den Saal fegte, wurde man automatisch mitgerissen. Bei „Heinzelmännchens Wachtparade“ (Noak) fand sich der Gast plötzlich auf einer Wolke wieder, von wo aus er entspannt und entrückt die kleinen Rotkehlchen beobachtet, die zaghaft den neuen Tag beginnen. Da war es schon ganz gut, daß ein Marsch wie die „Regimentskinder“ von J. Fudk den Zuhörer wieder aus seinen Träumen riß.

Wer sich im Kolpinghaus eingefunden hatte, fühlte sich jedenfalls wie zu Hause. In der Pause tollten die Kleinen umher, ein Vater verpaßte seinem Sohn im Nebenraum neue Windeln, und die Erwachsenen schwirrten von einem Gesprächspartner zum nächsten. „Ein lebendiger Nachmittag, ein Kaffeetrinken mit klassischem- Niveau“ - dieses Urteil eines Besuchers war kein Einzelfall.