Bettina Wegener im Kulturmagazin

Mit einem wahren Feuerwerk mal aggressiv-bissiger, dann wieder poetisch-lyrischer Lieder, genialer Gitarrenmusik und viel Klamauk verabschiedeten sich Bettina Wegener, Gitarrist Peter Meier und Texter Rainer Lindner nach einer fast einstündigen Zugabe von einem restlos begeisterten Publikum im bis auf den letzten Platz besetzten Kulturzentrum der Kulturinitiative. Im ersten Teil ihres Konzerts am Sonntagabend zeigte sich die Berliner Liedermacherin Bettina Wegener jedoch auch von einer anderen Seite: mahnend, anklagend, mit eindringlicher Stimme auf die Wunden im menschlichen Zusammenleben weisend.

„Sind so kleine Hände", das Lied, mit dem die aus der DDR ausgewiesene Liedermacherin bekannt wurde, sang Bettina Wegener erst bei der Zugabe. Nicht ohne Grund, denn sie und ihr Bestseller waren über viele Jahre eins. Zuhörer und Produzenten ignorierten, daß sich im Laufe der Jahre auch der Stil der Wegener gewandelt hatte. Tango und Rock V Roll sind zum festen Bestandteil ihres Konzertprogramms geworden.

Die Gefühlsarmut und menschliche Kälte unserer Gesellschaft, das fehlende Verständnis für den Mitmenschen und das Unvermögen, miteinander umzugehen, sind Themen, die in Bettina Wegeners Liedern immer wieder auftauchen. In ihrem ersten Lied „Heimweh nach Heimat" besingt sie die Sehnsüchte vieler Menschen; als aus der DDR Ausgewiesene sind diese für sie ein Stück Lebensgeschichte. Auch unbequeme Themen spricht Bettina Wegener eindringlich und erbarmungslos deutlich an, so die Ausländerfeindlichkeit, das bei vielen Jugendlichen insbesondere in den neuen Bundesländern aufkeimende Neonazitum oder auch die ausweglose Situation vieler alter Menschen. Bettina Wegener macht sich ihre Gedanken: „Eine Gesellschaft muß man daran bewerten, wie sie mit ihren Minderheiten umgeht." „Was wäre, wenn Jesus jetzt zu uns käme?", so ihre Frage. Doch die Antwort steckt voller Pessimismus. Jesus als radikal und leise Widerstand Leistender käme vielen in die Quere: „Mensch Jesus, bleib1 oben, sonst schlagen die dich hier tot."

Traurig und nachdenklich stimmend die .beiden jiddischen Lieder aus der Zeit der Nazi-Schreckensherrschaft. Gerade hier verschmelzen- Text und Musik zu einer den Zuhörer zutiefst berührenden Einheit.

Die „Show" stahl der Liedermacherin mit Herz und Seele fast noch ihr Begleitgitarrist Peter Meier, ein echter „Ur-Bayer". Hatte er schon bei Soloeinlagen seine musikalischen Fertigkeiten unter Beweis gestellt, so schlüpfte er bei der Zugabe in die Rolle des Entertainers und Clowns, der sein Publikum mitzureißen wußte. Als cooler Amerikaner mit Baseball-Käppi strapazierte er die Lachmuskeln seiner Zuhörer mit einer begeisternden Einmannshow. Zusammen mit Bettina Wegener legte er einen fetzigen Rock 'n' Roll auf die Bühne.

Mit Bettina Wegener und Peter Meier stellte sich in Greven ein Duo vor, bei dem Gesang und Musik zueinanderfinden. Das, was Bettina Wegener mit ihren Texten ausdrückt, findet sich in der Gitarrenbegleitung von Peter Meier wieder. Rainer Lindner machte das Duo mit seinen gesellschaftskritischen Texten und Gedichten zum Trio.

Zu Beginn des dreistündigen Konzerts machte sich die Liedermacherin stark für das Kulturzentrum und die Kulturinitaitve. „Sorgen Sie dafür", sprach sie die Zuhörer an, „daß dieses Kulturzentrum bestehen bleiben kann.“ In die Unterschriftenlisten für eine Übernahme der Mietkosten durch die Stadt haben sich inzwischen über 300 Bürger eingetragen.