Edith Börner im Kulturmagazin

Irgendwo muß auf dem Weg vom Festival of New American Play in New York zur Bühne der Kulturinitiative in Greven etwas verloren gegangen sein. Feierte man vor zehn Jahren die Soloparts von Frauen-Charakteren, die die amerikanische Autorin Jane Martin zu Papier brachte, noch als ein Meisterwerk zeitgenössischen Frauentheaters, entdeckten die Gäste im ausverkauften Kulturzentrum in den zehn Szenen von „Hören Sie mal“ zumeist nur stilisierte Frauentypen - von Charakteren aus einer in Wirklichkeit weitaus schillernderen Frauenwelt keine Spur.

Die Schauspielerin Edith Börner, die Jane Martins Typen Leben einhauchen wollte, spielte ohne Fehl und Tadel. Sie trifft nur die Kritik, bei der Stück-Auswahl fehlgegriffen zu haben. Wenn beispielsweise jene Fast-Food-Kette, deren Produkte nach vorliegenden Umsatzzahlen wohl tatsächlich weltweit in aller Munde sind, gleich in zwei unterschiedlichen Szenen als Thema herhalten muß, zeugt dies nicht gerade vom Einfallsreichtum der Autorin.

Die erste Mc Donald-Episode ist ein ironisch gemeinter Wunsch der Pennerin Anna Mae. Ihr Traum: Im Reich der Big-Mac's aufzugehen, das Leben inmitten des blitzsauberen, uniformierten Personals verbringen zu dürfen. Ein Teil vom Ganzen will jene Stadtstreicherin werden, denn: „Plastik ist Ewigkeit“ und „Bei Mc Donalds wird nicht gestorben“.

Gleich mehrere Themen packt Jane Martin in die Szene einer Ausstellungseröffnung: Perfides Kultur- Sponsoring - die oben schon erwähnten Fast-Food-Produzenten engagieren sich für aussterbende Indianer -, die Geschichte vom Sehen und Gesehen werden und das Zusammenspiel von Kunst und Politik.

Klischees sind immer wieder im Spiel, wo eigentlich Tiefgründiges erwartet wird: Da ist die Theater Journalistin, die statt zur Feder zu Aspirin und (oder) Cognac greift. Da ist eine Putzfrau, die - verständlicherweise - in Freudentaumel über einen Sechser im Lotto ausbricht, die aber später - unverständlicherweise - ihren Gewinn ausschlägt, weil sie sich der beschränkten Weisheit „Schuster bleib bei deinen Leisten“ verpflichtet fühlt. Da ist auch das lärmende Schauspieler-Flittchen, das mit allen Mitteln eine Rolle zu ergattern sucht: „Sie haben einen Job, ich brauche einen...“ Stark wird die Edith Börner, wo sie leise ist. Da ist beispielsweise die Frau um 37: eine nuancenreiche Geschichte und eine Darstellung, die sichtbare Spuren auf der Haut hinterläßt.

Und das ist auch das Thema: Ein Schlitzer am Kinn durch die Messerspitze eines geilen Musikers ändert die Frau, von der bis dahin gesagt wurde: „Sie tut, was man ihr auftrug.“ Edith Börner erzählt sanft und eindringlich: „Eine kleine Narbe, ein kleiner Schmerz - und da beginnt das Leben.“ Das geht unter die Haut, das steht auf der Haut. Jedes eintätowierte Mal auf den entblößten Armen der 37erin zeugt von einer Begegnung. Eine leise Geschichte, eine Geschichte, die auch dem Publikum unter die Haut geht.

„Hören Sie mal“ - so der Titel der szenischen Darstellung von Frauen- Typen. Gut zehn Jahre nach der Premiere in New York ein bißchen abgegriffen - auch in der Provinz, auch in Greven. Manchmal hätte man da glatt weghören können.