Klaus Cordes im Kultumagazin

1492 erobert nicht Europa Amerika, sondern Asien Europa. Museen werden leergeräumt, die letzten Europäer ziehen sich in die Alpen zurück. Keine Bahama-Insel ist das Ziel der ersten Entdecker, sondern das heutige EG-Land Italien. Für den Lehrer Klaus Cordes ist dieses Szenarion eine bedenkenswerte Geschichtsfiktion. Im Rahmen der dreiteiligen Veranstaltungsreihe der Kulturinitiative zum Thema Lateinamerika trug Klaus Cordes am Sonntag morgen seine Sicht der „sogenannten Entdeckung Amerikas“ in der KI vor.

Betroffen machen die Folgen, die Cordes bei einer gedachten Eroberung von Europa aufzeigt. Seine Ideen ließen spüren, was Unterdrükkung wirklich bedeutet. Ein - nur in der Vorstellung existierendes - verkrüppeltes Europa stand einer offe- .nen Gesellschaft von heute gegenüber.

Gleichzeitig kristisierte Claus Cordes, der auch bei amnesty international aktiv ist, die diesjährigen Feierlichkeiten zur Entdeckung Amerikas. Sein Vortrag, eine Collage aus Musik, Bildern und Text, bediente sich dabei zahlreicher Zitate. Für den Bocholter Lehrer „boomt“ eine regelrechte Kolumbus-Welle. Der Entdecker als Marketing-Star. Diffuser Postmodernismus mache sich breit. „Es gibt Filme, Serien, Artikelkolonnen und Bücher über Christoph Kolumbus“, sagt er über die Stilisierung des Genuesen.

Besonders genau hat Cordes dabei das Verhältnis des modernen Spaniens zu den Feierlichkeiten in diesem Jahr untersucht. „Spanien benutzt das historische Datum, um sich selbst herauszustellen“, diagnostiziert Cordes nüchtern. Wütend mache ihn dabei die Ignoranz, mit der der Kultur der Ufamerikaner begegnet werde. „Vor 500 Jahren unternahm man ein großes Unternehmen“, so ein Werbetext der Spanier, in dem Cordes ökonomische Machtgier der Spanier sieht.

„Im Namen der Toten, ich fordere Strafe“. Pablo Neruda schrieb diese Worte, die ein Ausdruck des Widerstands der Unterdrückten in Amerika sind. Eine Sammlung zahlreicher solcher Gegen-Stimmen las Klaus Cordes aus seinem sprachlich gefeilten Manuskript.

„Da, wo gefeiert wird, ist unser Verlust“, so die traurige Bilanz einer Lateinamerikanerin. „Diesen Tag feiern? Genausogut könnte man eine Party für Hitler oder Pol Pot geben“, so die bittere Aussage eines Sioux- Indianers. Auch Claus Cordes mahnte abschließend, sich die Frage zu stellen, ob nicht jeder irgendwie an der Endlösung der Indianer-Frage mitbeteiligt sei.