Werner Koczwara im Kulturmagazin

Versagt bleibt dem deutschen Bürger nach dem Gesetze, wonach es ihm doch sein Leben lang in den Fingern juckt: Einmal des Nachts nach 22 Uhr in finsterster Dunkelheit den heimischen Rasen zu mähen. Geht nicht - wegen des Rasenmähergesetzes. Das weiß der lernbegierige Kabarettfan spätestens seit Samstag abend. Da erteilte ihm der Schwabe Werner Koczwara einen Einblick in den juristischen Zustand des deutschen Landes.

„Warum war Jesus nicht rechtsschutzversichert ?“, fragte er in der Kulturinitiative, gab aber erst in der Zugabe die Antwort. Um den Heiland wäre es seinerzeit wohl besser bestellt gewesen, hätte er sich einen Rechtsanwalt nehmen können. Blasphemie ? Ein bisserl schon. Werner Koczwara nimmt kein Blatt vor den Mund und läßt die Waagschalen der Iustitia eineinhalb Stunden lang gehörig aus dem Gleichgewicht geraten.

Das deutsche Rechtswesen als Quelle steter Freude? Koczwara hat Mut: Da nennt er sich nun Kabarettist, dabei zitiert er doch nur aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und der Neuen. Juristischen Wochenschrift (NJW). Es war der diebische Spaß an der Komprimierung gesetzgebender Narretei, der den Auftritt des Lockenschopfes zu einem Lacherfolg machte. Brüllendes Gelächter quittierte seine wasserfallartigen Ausführungen in der Rolle des Rechtsanwalts des humorvollen Spießbürgers. In einem Gerichtssaal wirkten die unverständlichen Floskeln des BGB sicher nur halb so lustig. Man pfiff drauf. Koczwara hat seine Aufgabe gut gemacht.

Nicht einen Tag hat der Mittdreißiger Jura studiert. Dennoch schwang er sich mit einer Leichtigkeit von Liane zu Liane durch den Paragraphendschungel, daß es eine Freude war. Gesicht und Stimme des Kabarettisten, der nicht erst mit diesem Programm Aufmerksamkeit in ganz Deutschland erregte, waren prädestiniert für die Verkörperung des knallharten Gesetzesvertreters nach außen und des Schelms nach innen.

Ob er nun zeilenlang aus der Neuen Juristischen Wochenschrift zitierte, wahre Begebenheiten mit selbsterfundenden, pervertierten mischte oder sich als juristischer Marktschreier gab („Was müssen wir für zwölf, was für 24 Monte Haft denn tun ?“) - Werner Koczwara wanderte immer auf einem schmalen Pfad zwischen Veräppelung und Verzweiflung.

Befreites Lachen, gedämpftes Kichern, empörtes Schmunzeln und verhaltenes Raunen - der Schwabe regte Emotionen in der Kl. Wurde sein Witz doch einmal zu happig, versuchte er sich per Alibisatz aus der Affäre zu ziehen („Ich begrüße nun auch die Freunde des englischen, schwarzen Humors“). Insgesamt bewegte sich Koczwara aber doch im Rahmen des Zulässigen. Er zitierte hauptsächlich und nahm wahre Begebenheiten zum Anlaß, seiner humoristischen Ader eine völlige juristische Verhohnepiepelung von Gott und der Welt - „dem Lebensraum mit Tendenz zur Räuberhöhle“ - zu entlocken.

Historische und moderne Schmankerln aus den Gesetzen unterschiedlichster Kulturen: Koczwara ist ein gebildeter Mann, aber auch ein Krimineller.

Hatte er sich zu Beginn des Programms noch vereidigt, die Wahrheit zu sagen, und nichts als die Wahrheit, so log er im Laufe des Abends manches Blaue vom Himmel und rief die Zuschauer zu Strafaten auf. Gesetze würden, wie seinerzeit das göttliche Apfelverbot, die Straftat doch bewußt provozieren und dadurch in Kauf nehmen - sagte Werner Koczwara zu den Zuschauern, die nach langem Schlußapplaus hinauszogen in die dunkle Nacht, um kriminelle Handlungen zu begehen, vielleicht sogar den heimischen Rasen zu mähen.