Herta Rösler im Kulturmagazin

Es gibt für die Politik der ganz Großen eine neue Bedrohung. Herta Rösler heißt die unscheinbare Garderobendame, die nicht nur die Mäntel der bedeutenden Köpfe unserer Gesellschaft auf den Bügel hängt. Am Samstag abend konnten sich die zahlreichen Besucher in den vollbesetzten Räumen der Kulturinitiative davon überzeugen, daß die gefährlichsten Stachel häufig aus der unerwartesten Quelle treffen.

„Für Garderobe keine Haftung" hieß der doppelbödige Titel, mit dem Herta Rösler alias Helga Siebert die Lachmuskeln ihres Publikums strapazierte.

An der Garderobe schienen sich die wahren Geheimnisse der Polit-Szene abzuspielen, Herta jedenfalls plauderte aus ihrem Nähkästchen. Mit neidvoller Verachtung trat die Dienstleistungsfrau ihren „Kunden" gegenüber.

Für beißende Kritik am politischen Geschäft blieb da wenig Platz, Herta Röslers Zeit war schließlich ganz eingenommen vom Allzumenschlichen des Wohltätigkeitsfestes am Abend. Mit dem Titel „Mode für die Dritte Welt" war ihrem Zynismus Ausdruck gegeben.

Sicher war Herta vordergründig die tratschende Dame, die in das Bild der typischen Garderobenfrau paßte. Ihr Regenbogen der menschlichen Beziehungen sorgte für einen nicht unerheblichen Teil der Amüsanz des Abends in der KI. Die Liebe und die Trennung blieben die unversiegende Quellen der Komik.

Doch Kabaratt lebt nicht nur vom Wortschwall alltäglicher Liederlichkeiten. Und so versuchte auch Helga Siebert, ihrem zweistündigen Programm bissige Schärfe zu verleihen. Doch die Politikverdrossenheit hatte auch Herta Rösler erfaßt und so sah die kecke Garderobenfrau es überhaupt nicht ein, sich auf die Bühne der profanen Alltagspolitik zu begeben.

So machte sie die Politik zu dem, was sie für eine Garderobenfrau intellektuellen Zuschnitts ist. Intrigen und Doppelbödigkeit kristallisierten sich bei ihrer Darstellung heraus. Dabei hatte sich die Kabarettistin für einen anstößigen Anlaß entschieden.

Ihre Pelze und sündhaft teuren Lodenmäntel sammelte die Garderobenfrau Herta nicht für irgendein Wohltätigkeitsfest ein. Vielmehr wurde bei Sekt, Hummer und Kaviar und einer werbeträchtigen Modeschau Geld für die Ärmsten der Erde zusammengerafft. Natürlich eine verlogene Veranstaltung.

Einen Dank an die moralische ehrliche Herta Rösler, die uns wenigstens mit ihrtem wortverunglückten „Models für die Dritte Welt helfen hungern" auf die richtige Fährte gebracht hatte und auch beim Asylantenproblem jede Grenze überschritt. Die Realität ist für die Kabarettistin sowieso immer viel abgründiger. Viel Applaus gab es für Helga Siebert, die trotz einiger technischerPannen wortgewaltig und spontan bis zum Ende blieb.