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Rattles im Ballenlager 1966, Greven, Niederort: Bei Radio- und Fernsehen Husmann ist der Teufel los. Hunderte Teenies, die damals so noch gar nicht hießen, stehen dicht gedrängt im Geschäft und vor der Tür, drängeln, kreischen, sind völlig aus dem Häuschen. Drinnen sitzen die Helden, geben Autogramme. Es ist ein guter Monat für die Fans der Hottentotten-Musik, wie die Eltern es nennen. Noch vor vier Wochen waren die Lords da, jetzt besuchen die Rattles Greven und geben zunächst eine Autogrammstunde bei Husmann. Am Abend, nur drei Haustüren weiter. Das Reli-Theater ist zum Bersten gefüllt. Die Rattles sind die Beat-Band Nummer eins, das lässt sich kein jugendlicher Fan entgehen. In den ersten Reihen die Mädchen, die vor Begeisterung kreischen und schreien. Dahinter die Jungs, die schon damals cool seien wollten, obwohl sie den Begriff noch nicht kannten. Die Rattles liefern ein super Konzert ab, das vielen lange in Erinnerung bleibt. Greven, Ballenlager, 40 Jahre später. Sie sind wieder da. Aber sie wissen nicht einmal, dass dies keine Premiere für sie ist, dass sie schon mal hier waren. Die meisten Fans wissen es auch nicht mehr. Genau 123 sind gekommen, um die alten Zeiten aufleben zu lassen enttäuschend wenig. Der Altersschnitt liegt irgendwo um die 50. Die Fans haben sich die Stehtische gekrallt, stehen dort, unterhalten sich, trinken einen Wein. Vor der Bühne ist alles frei geblieben. Man ist noch schüchtern. Musik aus der Konserve setzt ein. Silvermaschine, Mark Bolan erzählt von den Children of the Revolution lange nicht gehört. Dann, halbzehn, stehen sie auf der Bühne. Grau sind sie, und deutlich älter geworden genau wie die Fans. Aber es sind die Rattles. Nur zwei von damals im Reli-Theater sind übrig geblieben. Sie haben Verstärkung gesucht und gefunden. Sie spielen die alten Sachen, Shalalalali. Und plötzlich ist sie wieder da, die Zeit der eigenen Jugend. An den Stehtischen kommt Bewegung auf, der Rhythmus geht in die Beine. Einige singen mit, haben die Texte nicht vergessen. Dann wird sogar richtig getanzt. Einfach nur so oder richtiger Rock'n'Roll. Der Rücken tut nicht mehr weh, das Zwicken in den Kniegelenken ist plötzlich weg. Jetzt greifen die Rattles tief in die Oldi-Kiste. Twist an Shout die German-Beatles spielen die Beatles, Hey Jude in der Hau-drauf-Version ala Status-Quo. Dann was Langsames, Schmusiges. Keiner hat Wunderkerzen dabei, Feuerzeuge sind Mangelware kaum einer raucht noch. Damals im Starclub Herbert Hildebrandt erzählt von alten Zeiten, von Little Richard und wie sie alles heißen Everybody say Yeah. Manne Kraski an der Gitarre lässt Jimmi Hendrix auferstehen, rennt mit der Gitarre durchs Publikum. Zur Zugabe lassen sie sich nicht lange bitten und dann ist es vorbei. Es war schön bei Euch, sagt Hildebrandt. Recht hat er, das war sogar richtig Klasse. Die alten Herren haben nichts verlernt. Und sie haben den Fans für zwei Stunden die Jugend zurück gegeben. Was will man mehr...
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