Stephan Sulke im Ballenlager

Kein Traumstart, aber ein guter Auftakt für die neu formierte Mannschaft der Kulturinitiative. Rund 200 Zuschauer kamen am Freitagabend in das Ballenlager, um mit Stephan Sulke einen Künstler zu sehen, für den das Konzert in Greven ebenfalls fast eine Premiere war. Denn nach langen Jahren der Bühnenabstinenz, unterbrochen nur durch sporadische Auftritte, war das Ballenlager für den Liedermacher erst die zweite Station einer größeren Konzerttournee, die ihn durch zahlreiche Städte im deutschsprachigen Raum führt.

Und wer ihn am Freitag gesehen hat, konnte kaum verstehen, wie es der mittlerweile 63-jährige ein Alter, mit dem er gelegentlich kokettiert so lange ohne Kontakt zum Publikum ausgehalten hat. Man spürt förmlich, dass es den Mann danach drängt, sich endlich wieder auf der Bühne mitzuteilen. Das tut er zumeist am Klavier, seltener an der Gitarre, und gelegentlich ganz ohne Instrument. Dann kommt die musikalische Begleitung von der Festplatte, wie bei seiner Interpretation des Fontaneschen Herrn von Ribbeck, die so ganz anders klingt als einst beim geradlinig rockenden Achim Reichel. Mit Bar-Jazz im Hintergrund, locker, entspannt, fast beiläufig.

Überhaupt wirkt Sulke auf der Bühne völlig locker und souverän, obwohl ein mit der Besucherzahl zufriedenerer KI-Vorsitzender Egon Koling in der Pause verrät, dass er auf das Abendessen wegen des Lampenfiebers verzichtet habe. Ganz anders auf der Bühne. Sulke plaudert zwischen den Liedern und ist dabei witzig. Zum Beispiel, wenn über den Umgang mit seiner Uschi, dem Sulke-Gassenhauer schlechthin, erzählt. Die habe er musikalisch in zwei Hälften geteilt, ein Part vor der Pause, der Rest danach. So schlage er zwei Fliegen mit einer Klappe: Niemand wird zu lange auf die Folter gespannt, und der Saal leert sich trotzdem nicht schon nach dem zweiten Stück.

Dann hab ich noch so ein trauriges Lied, kündigt Sulke einen neuen Song an. Zugegeben, wer ihn mag, muss schon ein Faible für die leisen und melancholischen Töne haben, zu denen sich nicht selten eine gehörige Portion Sarkasmus gesellt. Ein Kollege habe mal angefragt, ob er ein Lied von ihm singen dürfe, erzählt Sulke. Das habe ihm dann aber nicht so gefallen, das sei ihm zu gegrölemeyert gewesen. Als ich die Tantiemen gesehen habe, fand ichs wieder gut. Sprichts und gibt seine leise Version von Ich hab dich bloß geliebt zum Besten.

Die Lieder sind nicht zuletzt deshalb so eindringlich, weil Sulke stimmlich in bester Verfassung ist. Die Vokale werden an den passenden Stellen gedehnt, das gelegentlich gerollte r sorgt für Dramatik, und selbst wenn Vokal- und Melodiebögen getrennte Wege gehen, finden sie doch an der richtigen Stelle wieder zusammen.

Das Publikum spürt, dass Sulke gern auf der Bühne des Ballenlagers steht und er sagt es auch. Ich hab echt Spaß mit euch ohne Schmuh und Schmäh. Das schlägt sich auch in den vielen Zugaben nieder, die selbst dann noch kommen, als einige Zuschauer den Saal schon verlassen haben. Sie verpassen etwas. Beim Mann aus Russland wird es für den Abend untypisch laut. Es wird mitgeklatscht und mitgesungen, am Ende gibt es verdiente stehende Ovationen.