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Klassik-Konzert in der Emsaue (WN) Ein großartiges Konzert unter freiem Himmel an der Ems begeisterte am Samstagabend fast 1000 Zuhörer bei sommerlich-trockenem Wetter. War es die besondere Atmosphäre ähnlich dem jährlichen Klassikkonzert in der Berliner Waldbühne, war es das Erlebnis klassischer Musik in abendlicher Emsauenstimmung, das Hunderte von Grevener Bürgern bereits eine Stunde vor Beginn vor der Bühne Platz nehmen ließ? Sicherlich beides. Ihre Teilnahme wurde mit abwechslungsreicher Musik aus der Zeit des Barock mit Werken der großen Meister Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel belohnt. Zu Beginn erklang die festliche Orchestersuite Nr.3 D-Dur des Leipziger Thomaskantors. Bereits hier war beeindruckend, wie homogen das Kourion-Orchester Münster, zusammengestellt von seinen Manager und Oboisten Klaus Storm aus frei schaffenden professionellen Musikern, die anspruchsvolle Ouvertüre mit der diffizilen Fuge im Mittelteil meisterte. Die führende Hand des Dirigenten Professor Karl-Heinz Bloemeke von der Musikhochschule Detmold hat die fast 40 Musiker zu einem eingespielten Klangkörper geformt. Mit präzisen Einsätzen und klaren Impulsen führte Bloemeke stilsicher das Orchester durch das Konzert. Schnell reagierte er nach dem unerwarteten Applaus nach der Ouvertüre und begann seine Moderation, kurzweilig, launig und informativ mit einem Hinweis auf die folgende Air. Dieser allseits bekannte Satz wurde mit fließend geführten Geigenstimmen wunderschön dargeboten, ein musikalisches Juwel, passend zu der beginnenden Dämmerung. Die weiteren drei Sätze, allesamt stilisierte Tanzsätze aus der damaligen Zeit, bestachen durch lebendiges, kraftvolles Musizieren. Das Erste Brandenburgische Konzert von Johann Sebastian Bach hat mehr kammermusikalischen Charakter, mit seinen zahlreichen Solostellen zwischen den Oboen und Hörnern und der konzertierenden Violine für ein Freiluftkonzert schwierig aufzuführen. Die gute, professionelle Lautsprecheranlage brachte die feinen Solis nicht immer gleichmäßig an die Ohren der Zuhörer. Die Mikrophone hätten etwas näher an die Oboen und besonders die konzertierende Violine der Konzertmeisterin Svetlana Fomina gestellt werden müssen. Ein besonderes Lob verdienen hier die Hörner mit ihren hohen Tonlagen, die sauber gespielt wurden. Insgesamt strahlte das konzentriert und mit Verve gespielte Konzert mit seinen drei Sätzen barocke Lebensfreude aus, die sich auf die Zuhörer übertrug. Im zweiten Teil standen zwei Werke des Kosmopoliten Georg Friedrich Händel auf dem Programm. Zunächst erklang nach einer humorvollen Einführung des Dirigenten die Sinfonia zum Oratorium "Salomo", ein kurzes Stück, das vom Orchester spritzig musiziert wurde. Auch hier bestimmte wieder das im Barock beliebte Wechselspiel zwischen Streichern und Bläsern den musikalischen Ablauf. Krönender Abschluss war die berühmte Feuerwerksmusik, ein echtes Freiluftwerk, bei dem der Orchesterklang zu voller Größe wuchs. Die dreiteilige Ouvertüre mit dem motivischen Wechselspiel zwischen den drei Trompeten und den drei Hörnern wurde meisterhaft dargeboten. Gleiches galt für die folgenden wiederum stilisierten Tanzsätze, eine vitale Bourrée, eine wiegende Siciliana, die schnelle und kräftige La Réjouissance und das voll klingende Menuett mit den herrlichen Trios, bei denen sich wiederum Streicher und Oboen mit dem Fagott solistisch abwechselten. Die Begeisterung nach diesem wahren Feuerwerk der Musik war groß, der Applaus wollte kein Ende nehmen und wurde durch zwei Zugaben aus der Feuerwerksmusik und der Orchestersuite belohnt.
Die Kontrabassistin hat sich schnell noch die Sonnenbrille aus dem Auto geholt. "Damit, dass uns die Sonne blenden könnte, haben wir nun überhaupt nicht gerechnet", lacht Klaus Storm, Leiter des Kourion-Orchesters, als sich seine Musiker auf den Auftritt in der Emsaue vorbereiten. Solche Probleme gibt's schließlich nicht bei den üblichen Kirchen- oder Saalkonzerten. Eine Geigerin hat sich eine Wäscheklammer an den Ausschnitt gepinnt, damit will sie die Notenblätter auf dem Pult festhalten, sollte es windig werden. Aber ehe das Konzert startet, streckt sie sich im weißen Sand am Beach aus und genießt ihre Apfelschorle. "Dieses Konzert ist ein bisschen wie Standurlaub", sagt sie verträumt und schaut zu, wie zwei Heißluftballons über die Emsaue treiben und hoch oben Flugzeuge silberne Kondenzstreifen ziehen. Die ersten Töne erklingen - und prompt verbirgt sich die Sonne hinter einer Wolke. Nichts mehr kann die Musiker von ihrem Bach ablenken, Fast 1000 Zuschauer lauschen in den Emsauen, vielleicht 100 Zaungäste haben es sich auf dem Deich gemütlich gemacht. Die Passanten auf der Emsbrücke bleiben einen Moment stehen und horchen auf die zarten Geigentöne von Bachs "Air", die herüberwehen. "Die Air gibt es in unzähligen und auch unsäglichen Bearbeitungen, sogar für Männerchor", hatte Prof. Karl-Heinz Bloemeke, der Dirigent, der die Stücke amüsant moderierte, gesagt. "Böse Zungen behaupten, man kann sie auch bei Scheidungen spielen." Aber in der Emsaue gibt's die Bach'sche Urfassung- "ohne romantische Brimborium". Während die reinen Töne über den Fluss davonziehen, ballen sich im Westen schwarze Wolken. Die Zuschauer wickeln sich in ihre mitgebrachten Decken. "Wir hoffen, dass wir es mit einem flotten Tempo schaffen, unseren Bach trocken zu Ende zu bringen", zwinkert Bloemeke und hebt den Taktstock zum Ersten Brandenburgischen Konzert. Doch Petrus hat ein Einsehen. Wie Watte legt sich eine dicke Wolkendecke über die Ems und sorgt für laue 18 Grad bis spät in die Nacht. Der Regen kommt später. Die Zaungäste haben sich ins Gras gelegt, an der Strandbar genießt manch einer ein Bier zu Bach. Die Kerzen auf den rosengeschmückten Stehtischen flackern in einer sanften Brise. Als das Kourion-Orchester Händels Feuerwerksmusik beginnt, flackern Dutzende von Wunderkerzen auf, feiner Schwefelgeruch mischt sich mit dem Blütenduft, der von der Emsböschung heranweht. Dann Standing Ovations, Handys werden gehoben, um Erinnungsbilder zu knipsen, zwei Zugaben, noch einmal minutenlanger Applaus, schließlich das Versprechen, wieder nach Greven kommen zu wollen, in "diese wunderbare Emsaue". Dann ist Schluss - das Publikum zieht es zum Weinstand, dem Cembalo auf der Bühne werden die Beine abgeschraubt, zwei kräftige Musiker heben den Korpus über die Rampe, die Kontrabassistin verstaut ihr dickes Instrument in einem Überzug. "Meine Sonnenbrille habe ich nun doch nicht gebraucht", zwinkert sie. "Aber es war eine phantastische Atmosphäre. Ein wenig wie Strandurlaub."
Mit so einem großen Besucherandrang hatten selbst die Organisatoren nicht gerechnet: Nach schlechtem Wetter am Freitag kamen am Samstagabend über 900 Zuhörer zum Klassik-Open-Air Konzert in den Emsauen. "Das ist ein ausgezeichnetes Ergebnis für diese Veranstaltung", freute sich Egon Koling von der Kulturinitiative. 200 Karten wurden an der Abendkasse gelöst. Viele der Besucher hatten sich erst am Nachmittag bei gutem Wetter entschieden, das Konzert zu besuchen. Dafür boten die Organisatoren des zweiten Klassik-Open-Air Konzerts eine ganze Menge. Das Kourion-Orchester aus Münster unter der Leitung von Professor Karl-Heinz Bloemeke spielte Stücke großer Meister der Barockzeit. Von Johann Sebastian Bach im ersten Teil des Konzertes ging es über zu Georg Friedrich Händel. Das Orchester ist neben dem der Städtischen Bühnen in Münster das einzige in der Region mit professionellen Musikern in seinen Reihen. Als "eines der meist beschäftigten freien Orchester in Deutschland" bezeichnet sich es sich selbst auf seiner Website. Seit zehn Jahren besteht es mit seinen 100 Musikern. "Dieses rein instrumentale Konzert in Greven ist damit unser Geburtstagskonzert", sagte Klaus Storm, Gründer und Organisator des Kourion-Orchesters. Die Zuhörer lauschten gebannt den vielen Feinheiten der barocken Musik. Für den vollen Klanggenuss wurde das Orchester über Lautsprecher verstärkt. Als "ganz neues Klangerlebnis" erfuhren einige Zuhörer das Konzert im Freien. Auch die Musiker des Kourion-Orchesters waren begeistert von der Freiluft-Veranstaltung. "Ein Open-Air Konzert ist wesentlich entspannter als eines im Saal. Es ist wärmer und näher am Zuhörer", so beschrieb Rachel Bullen, Oboistin, das Gefühl auf der Bühne. Für mehr Nähe zum Hörer sorgte sicherlich auch Dirigent Bloemeke. Mit gelegentlichen unterhaltsamen Einlagen erklärte er nicht nur einzelne Stücke, sondern er sorgte auch für Heiterkeit bei den Zuhörern. So scherzte er bei der dritten Suite von Bach: "Man kann dieses Stück zu jedem Anlass spielen: Verlobungen, Trauungen, Geburtstagen. Böse Zungen behaupten, es ginge auch zu Scheidungen." Das insgesamt zweistündige Programm verwöhnte die Gäste mit seinem festlichen Charakter. Zum Abschluss gab es die Feuerwerksmusik von Händel. "Ein Feuerwerk mit Raketen können wir ihnen leider nicht bieten", scherzte Bloemeke. "Der Hof in Greven ist leider arm an Gold." Dafür präsentierten die Musiker dann ein musikalisches Feuerwerk der Extraklasse. Stimmig war hierbei sicher auch die spätabendliche Beleuchtung der Emsauen. Einige Zuhörer tummelten sich beim Konzert noch etwas entfernt vom Geschehen auf der Emsbrücke oder auf den umliegenden Wiesen. Vorbeifahrende Radfahrer stoppten, um den klassischen Klängen zu lauschen. Die Zuhörer waren zufrieden: Mit einem großen Applaus und einer Zugabe endete das Konzert. Auf eine Wiederholung im nächsten Jahr hofft der ein oder andere. Klaus Spruch, Organisator der Aulakonzerte, war sich im Anschluss an die Veranstaltung sicher: "Das Motto 'Feuerwerke des Barock' hat sich dieses Konzert verdient."
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