Konstantin Wecker im Ballenlager

Konstantin Wecker hat immer noch viel zu sagen. Kraft und Ausstrahlung sind auch nach 40 Jahren „on stage“ ungebrochen, er ist einer der ganz großen politischen Liedermacher. Mit seinem Konzert am Dienstagabend startete die KI ins neue Jahr, einen hochkarätigeren Einstieg kann man sich nicht wünschen. Gronau und Münster hat er trotz lukrativer Angebote abgelehnt, Greven und der KI den Vorzug gegeben. Zum Glück für die sehr vielen Besucher, die ein Konzert der Spitzenklasse im ausverkauften Ballenlager erlebten.

Konstantin Wecker zeigte von der ersten Minute an seine Präsenz, seine charismatische Ausstrahlung. Mit dem Pianisten Jo Barnikel hatte er einen langjährigen Freund und Wegbegleiter mitgebracht, der künstlerisch genau zu ihm passte. Homogen und einfühlsam erklang beim Programm „Alles das und mehr“ der Querschnitt der langjährigen Bühnenkarriere.

Wecker ist sich treu geblieben in all den Jahren, das bewundert man an ihm, das spürte man bei jedem Lied. Authentisch und ernsthaft widmete er sich den großen Themen, zeigt seine persönliche Betroffenheit und charmant seinen hintergründigen Humor. In einer Zeit, da das kritische Mundaufmachen nicht gerade mehr Mode ist, ist es wohltuend, mit ihm ein Stück des Weges zu gehen. Konstantin Wecker steht zum Wahrhaftigen. „Genug ist nicht genug“ für diesen streitbaren Geist. Er riskierte ein Verfahren, als er sich gegen die NPD solidarisierte. Er bekam vom bayrischen Justizministerium bescheinigt, dass „Zivilcourage und die Ausübung der Meinungsfreiheit nicht bestraft werden“.

Und so macht er weiter, alte und junge Lieder begeisterten jeden. Das war schon ein „Gutes Gefühl“, wenn er auf dem Bösendorfer-Flügel seine einfühlsamen Balladen spielte. Er provozierte, lachte und erreichte die Herzen, seine Worte trafen mit unheimlicher Intensität. „Der alte Kaiser“ zeigte ihn als durchdringenden Betrachter historischer Zusammenhänge. Mit seinen polemisch-politische Spitzen entlarvte er jede Doppelmoral, „Der Herr Richter“ kann ihm da nicht entgehen.

Was Konstantin Wecker mit „Frieden im Land“ meint, rüttelte dramatisch bei solch ausdrucksstarker Sangeskunst auf. Auch seine alten Lieder, sind immer noch aktuell und frisch. Denn die Zeiten mögen sich geändert haben, die Probleme leider nicht. Mit unverwechselbarer Stimme drang er in die Tiefe, vor seiner „Kunst des Scheitern“ muss man den Hut ziehen. Sprachlich brillant rezitierte er aus seinem biographisch angelegten Buch, machte selbst vor seiner „weißen Weste“ nicht halt. Diese Art der Selbstkritik ist selten im Angesicht oft schöngefärbten Fassaden. Konstantin Wecker hat dies nicht nötig, das macht sein dreistündiges Konzert zu einem einzigartigen Erlebnis. Bei seinem „Tod eines Familienvaters“ spürte jeder den Schrecken, die Verzweiflung und gleichzeitige Weitsicht.

Wecker sparte nicht mit der Demonstration seines Könnens und seiner Vielseitigkeit. Vom Blues bis zu südamerikanischen latino-Klängen ging es über den Jazz zur Klassik, seinen Tschaikowski hat er in sich aufgesogen. Der Münchner Künstler kann vielleicht nicht die ganze Welt ändern, aber er zog jeden in seinen Bann. Seine Aufrichtigkeit macht Mut zum „Was keiner wagt“ und „Sage nein“.