Die Buschtrommel im Ballenlager (WN)

"Heribert, was gibt es Neues aus Berlin?" "Nichts, Günther." Woran erkennt man gutes Kabarett? Vielleicht daran, dass es auch aus dem Nichts viel macht. So wie die drei Buschtrommler am Samstag im Ballenlager. Die Berlin-Nummer, eine Parodie auf den alltäglichen News-Ticker-Wahn, ist so etwas wie der Running Gag des Abends. Das Corpus delicti: Ein weißes Papier, unbeschrieben, holzfrei, ohne Hilfslinien. Aber hochbrisant, denn: "Seine inhaltliche Leere macht es so glaubwürdig."

"Gefühlte Höhepunkte" aus 15 Jahren Kabarett präsentieren Andreas Breiing, Jörg Fabrizius und Ludger Wilhelm den auf Einladung der KI Greven den rund 200 Zuhörern. Zum letzten Mal treten sie in Greven als Trio auf. Jörg Fabrizius wird ab dem Sommer eigene Wege gehen. Ein Weg, der mit Leichen gepflastert ist. Denn, da taten sich die Grevener beim heiteren Beruferaten etwas schwer, er hat sein Hobby zum Beruf gemacht. "Bevor die Spontaneität hier überkocht - ich bin Serienmörder", verrät er den rund 200 Zuschauern. Und als solcher unterwegs "im Namen der Herrin". Die Herrin ist, wir ahnen es schon, Angela Merkel, das "trojanische Pferd" des Erich Honecker und eine Mischung aus "dynamischem Phlegma" und "Merkelscher Unschärferelation." Nörgler und Zweifler töten den Aufschwung, hat sie zu Beginn des Angelikanischen Zeitalters gesagt. Und so wird der Serienmörder zum Aufschwungbeförderer.

"Hier ist die Hölle los, Günther." So wie weiland bei der Fußball-WM. Weltmeisterschaften sind Opium für das Volk. Also jede Woche eine Weltmeisterschaft. Wie wär's mit dem Synchronspringen der Langzeitarbeitslosen vom 100 Meter-Brett ins leere Becken?

Auch wenn nicht jede Nummer ein gefühlter Höhepunkt ist und die Tagesaktualität vielleicht etwas kurz kommt - die zwei Stunden Kabarett vergehen wie im Flug. Jeder im Trio hat seine eigenen Qualitäten. Der extrovertierte Breiing brilliert mit ausufernder Mimik, Wilhelm ist westfälisch-bodenständig, Fabrizius irgendwo dazwischen. Wenn Breiing in einer Solo-Nummer lallend über die Vorzüge deutschen Bieres gegenüber anderen Rauschmitteln wie Hasch schwadroniert und dabei den Veranstalter aufs Korn nimmt ("Meibeck, du Pfeife, das ist ja gar kein alkoholfreies Bier"), dann bleibt im Publikum kein Auge trocken.

Allen drei gemeinsam ist: Sie gucken wenigsten noch hin, und sei es nur, um Oma Meyerbrink beim doppelt eingesprungenen Oberschenkelhalsbruch zu beobachten. Als Rentnergang beschließen sie den Abend. "Zahnersatz selbst gemacht" - der VHS-Kurs ist leider schon voll.

Also machen die Drei weiter Kabarett. Und das ist auch gut so.

 

 

 

 Die Buschtrommel im Ballenlager (GZ)

"Die Buschtrommel" rief am Samstagabend und über zweihundert Besucher hörten den Ruf und kamen ins Ballenlager, um "einer historischen Vorstellung" (KI-Vize Wilhelm Meibeck bei der Begrüßung) beizuwohnen. Historisch, weil Jörg Fabrizius abtritt, "um sich etwas Neues zu suchen". Die Buschtrommel wird künftig als Duo (Andreas Breiing und Ludger Wilhelm) auf jeden Fall weitermachen. Am Samstag waren`s also noch Drei und die hatten viel zu klagen über das Deutschland von heute.

Vor 15 Jahren, als sie mit ihrem Kabarett anfingen, da war Deutschland noch ein anderes Land. Da war der Faktor "Arbeit" noch nicht in Rumänien" und der Faktor "Kapital" noch nicht in Liechtenstein. Und früher, so stellten die "Buschmänner aus Münster" fest, vermöbelten noch die Alten die Jungen und nicht umgekehrt.

Die Buschtrommler können aber nicht nur erzählen, sie haben auch die anderen Facetten des Genres (Tanzen, Schauspiel) drauf. "Ein Euro ist doch viel zu viel", vermitteln sie tanzend und fordern die "Ein-Euro-Rente", denn: "Buchlohnland ist abgebrannt".

Schonungslos legen die Trommler in die Wunden dieses Landes. Auf die Spitze getrieben und damit aber enttarnt das Verhalten von zwei Wirtschaftsbossen, die sich nach Jahren wieder treffen und ihre Bosheiten gegenüber den jeweiligen Belegschaften vergleichen. "Du stellst noch ein? Bist wohl eine soziale Hängematte. Wir betrachten Mitarbeiter nur noch als wandelnde Standortnachteile."

Und dann hat Jörg Fabrizius einen Glanzauftritt. Sein Beruf: Serienmörder. Sein Auftrag von der Kanzlerin persönlich: Den ewigen Nörglern den Garaus machen, sozusagen als "Aufschwungbeauftragter gegen die Nörgelei". A propos Angelika Merkel, die Kanzlerin scheint ihre liebste Reibfläche zu sein. Die "trojanische Stute" wie Ludger Wilhelm sie bezeichnete, sei die späte Rache Erich Honeckers. Diese Kanzlerin falle auf durch ihr "dynamisches Phlegma" bzw. durch ihre "verzagte Entschlossenheit" und Jörg Fabrizius erinnert sie stets an ein Buddelschiff: "Man fragt sich, wie ist sie da rein gekommen?"

Ach es gibt so viel zu entlarven in dieser Zeit und die Buschtrommler lüften mit Ironie und Sarkasmus den Vorhang. War auch hin und wieder etwas überflüssiger Klamauk dabei (Biernummer, Don Benedetto) dabei, die Buschtrommel begeisterte die Zuschauer - Lacher und Beifall zwischendurch bezeugten es, so war es doch insgesamt ein schöner Abend. Gut getrommelt, Buschtrommel!