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Richard Rogler im Ballenlager
(WN)
Nein, er lässt die Finger von der Politik, der
wunderbare alte Miesepeter, er verspricht's. Kein Wort
über Tante Merkel, diese Frau, die
immer in der Mitte sitzt. Aber dann
entschlüpfen ihm doch so wunderbare Sätze wie
Reiche fallen nur deshalb so unangenehm auf, weil es
die Armen gibt, und dafür können sie ja nichts,
sagt die FDP. Oder: Die Linkspartei fordert das
Recht auf Rausch. Das war früher mal eine Domäne
der CSU.
Richard Rogler, Kabarettist vom alten Schlag, lange Jahre
erfolgreich mit Scheibenwischer und
Mitternachtsspitzen unterwegs, heute noch immer
gefragter Mime in den Kleinkunsttempeln der Republik,
begeisterte am Samstag im Ballenlager auf Einladung der KI
rund 200 Grevener. Mal komisch, mal makaber, mal böse,
mal beklemmend, mal um einen platten Witz nicht verlegen,
nahm Rogler die Lage der Nation aufs Korn. Niemand war vor
ihm sicher. Nur an der Merkelschen Politik, Schrecken der
Kabarettisten , arbeitet auch Rogler sich ab. Er weiß
auch warum. Politik macht sie nicht, da hält sie
sich raus. Aber deshalb die Dame schonen? Von wegen.
Er trifft die Kanzlerin an ihrer verwundbarsten Stelle, dem
fehlenden Charisma. Wunderbar, wie er, mit kleinen
Änderungen der Gestik und Mimik von einer Rolle in die
andere schlüpfend, einen Dialog zwischen einer
mürrischen Kanzlerin und ihrem spöttischen Ehemann
inszeniert, der in dem Satz gipfelt: Was hat Carla
Bruni, was ich nicht habe?
Aber wie gesagt: Eigentlich ist es vorbei mit der Politik im
Kabarett. Wer sich mit Politik befasst, schadet heutzutage
seinem Image, und überhaupt: Parteien sind
Vereine für Menschen, die auf natürlichem Wege
keine Freunde finden. Also rückt Rogler in seinem
neuen Programm Stimmung dem Deutschen an
sich auf den Leib. Eine Kostprobe zum Thema Erziehung?
Rogler mokiert sich über die 20 Prozent der Eltern, die
ihr Kind heutzutage für hochbegabt halten,
beschwört die guten alten Zeiten, als man Versager und
Tunichtgute immer noch bei der Westdeutschen Landesbank
unterbringen konnte, spricht über die Unsitte, Kinder
um jeden Preis über den grünen Klee zu loben.
Und dann wundert man sich, wenn Leute wie Roland
Pofalla heraus kommen. Das Publikum wiehert und
dann kommt, wie nebenbei gesprochen, ein Satz zum
Bildungssystem, der das Lachen im Halse stecken lässt:
Rauswählen, das hat der Deutsche schon immer
gerne gemacht.
Solche Wendungen, vom Komischen ins Makrabe, von der Torheit
ins Abgründige sind typisch für Rogler und
unterscheiden ihn von den meisten Herren, die heutzutage mit
platten Pointen das Kabarett dominieren. Aber er verlangt
seinem Publikum einiges ab. Welcher Kabarettist würde
es heute, auf die Quote schielend, im Fernsehen wagen, Otto
Wels mit seinem tapferen Wort gegen die Nazis zu zitieren?
Rogler tut s und zwar so spannend, dass ihm die Leute
zwei Stunden atemlos zuhören. Allerdings muss man
zugeben, dass es sich beim Publikum nicht unbedingt um
Teenager handelt. Rogler ist was fürs Mittelalter. Aber
respektiert er das? Geht er seinem Publikum ein wenig um den
Bart? Von wegen.
Alle Torheiten dieses Alters spießt er auf. Er spottet
über den Ehemann, der hundert Mal öfter unterm
Auto liegt als auf seiner Frau und über späte
Eltern, die nach dem Erwerb eines dicken Autos, einer
Bulthauptküche und eines Ferienhauses eine gewisse
Sinnkrise mittels Nachwuchs bewältigen wollen:
Dann pfriemeln sie sich mit letzter Kraft ein Kind
zusammen. Begeisterter Applaus ist dem gebürtigen
Franken sicher, als er schließlich resigniert
zusammenfasst: Wir haben als Gesamtvolk einen an der
Waffel. Prima, kann man da nur sagen wenn das
der Nährboden ist, auf dem solches Kabarett
gedeiht.
Richard Rogler im Ballenlager
(GZ)
Er wollte weg von der Politik. Die Politiker
können ohne uns, dann kann ich auch ohne die,
scherzte der Kabarettist Richard Rogler im Ballenlager
über seinen unterhaltsamen Feldzug gegen Politik
jedweder Coleur, gegen Hartz IV und gegen gierige Manager.
Er kam nicht ohne aus und das Publikum dankte ihm. Auf
Einladung der Kulturinitiative gastierte Richard Rogler kurz
vor seiner wohl verdienten Weihnachtspause (wie er selber
sagt) noch einmal vor über 240 Zuschauern in Greven
mit seinem Programm Stimmung. Die sprang
gleich auf die Zuschauer über. Er mag das
Münsterland, und das Münsterland mag ihn offenbar
ebenfalls.
Rogler unterhielt sein Publikum mit Satire aus Politik und
aktuellen Ereignissen - zum Beispiel die Wirtschaftskrise.
Dabei erkannte der vielfach ausgezeichnete Kabarettist
ausgesprochen positive Folgen: Wir sollten sie lockerer
nehmen, die Spanier und Engländer seien viel schlimmer
dran. Die nehmen uns jetzt im Urlaub nicht mehr die
Liegestühle weg.
Aber auch die Krisen an sich scheinen sich zu ändern,
meinte Rogler. Während die Leute früher verhungert
seien, verzichteten sie heute auf Urlaub - sie kauften sich
Chips, setzten sich vor den Fernseher und würden dick.
Aber wieso gibt es überhaupt Wirtschaftskrise? Wieso
gibt es Armut? Die FPD, sagt Rogler, würde das so
erklären: Arme gibt es nur, weil sie es nicht so
weit geschafft haben wie die Reichen. Also selbst
Schuld!
Ob es die Freundin von Müntefering ist, auf die
selbst Berlusconi neidisch wäre, die
Befürchtung, die Grünen würden eine
Atemsteuer einführen, oder unsere Schule, von denen
einige aussähen wie Dresen 1945
Rogler hielt sich vor nichts zurück. Und manchmal
zweifelte das Publikum offenbar, ob dieser oder jener Witz
ein paar Zentimeter zu tief gegriffen war. Beifall gab es
trotzdem immer.
Rogler zeigte sich überzeugt: Die Politiker und wir
Wähler passen nicht zusammen, man sollte eine Pause
einlegen. Einmal Abstand gewinnen. Und sowieso sollte man
den Begriff Arbeitslose ersetzen. Sein Vorschlag:
Pausisten.
Am Freitagabend wollte niemand pausieren. Und am Ende war
man glücklich, dass Richard Rogler eben doch nicht ohne
die Politiker auskommt.
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