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Robert Kreis in der Kulturschmiede
(WN)
Früher war alles besser? Mitnichten. Robert Kreis
weiß es noch ganz genau. Nach einem seiner ersten
Auftritte in den 80er Jahren stieg er in einer Pension ab.
Sein Zimmer für die Nacht war offenbar
scheußlich. Die Einrichtung stammte wohl noch aus den
50er Jahren. Anders hätte sich Kreis dies nicht
erklären können. Der Linoleum-Fußboden in
einem Kackabraun, der mausgraue Teppich
übersät mit Spiralmustern, und das zartgrüne
Doppelbett glich einer Folterkammer. Auf der
Fensterbank standen etliche Gummipflanzen.
Schwiegermutterzungen, ächzt Kreis.
Was sind die Dinger hässlich. Und nicht tot zu
kriegen. Vom Tisch in Kochtopfblau und den
schlüpferrosa Stühlen ganz zu schweigen.
Kennen Sie die noch? fragt er in die Runde.
Stille. Ach, Sie sind immer noch so
eingerichtet?
Die Situationskomik, die Robert Kreis schafft, beherrscht er
zweifelsohne. 140 Besucher wurden am Samstagabend in der
Kulturschmiede Zeugen jener Situationen. Als bekennender
Liebhaber der Schellackplatten, Notenblätter und
Literaturstücken aus der Weimarer Zeit brachte Kreis
die besten Erbstücke aus einer Glanzzeit der deutschen
Kulturgeschichte mit. Besonders haben es ihm Chansons
großer, deutscher Künstler angetan. War es Rudolf
Nelsons Das Nachtgespenst aus 1927 oder der
Pioneer der deutschen Unterhaltung, so Kreis,
Otto Reuter: er beschäftigt sich gerne mit einem
Rand-Genre in der Kabarettwelt. Gespickt mit seinen
Tourerlebnissen aus 35 Jahren ergibt dies sein aktuelles
Programm Highlight.
Beim Gedicht Der Blusenkauf zeigte Kreis einmal
mehr sein Fingerspitzengefühl für den richtigen
Moment. Über der Qual der Wahl, in welcher Farbe die
Gattin nun ihre Bluse kaufen soll, verzweifelt ihr Ehemann.
Erst als dieser von ihr geht, weiß die Dame, welche
Farbe sie will. In den Laden starrt se...,
machte Kreis eine Pause. Und das Publikum lieferte prompt
die Antwort: Eine Schwarze.
Seine Liebe zur Literatur der wilden Zwanziger zeigte Kreis
immer wieder. Er zog die Originalausgaben hervor und trug
einen Witz nach dem nächsten vor. Aus dem frivol
angehauchten Blatt Lustige Blätter
zitierte er Witze en masse. Denn mit den
Spaßvögeln aus der heutigen Zeit kann Kreis nicht
viel anfangen. Heute müssen wir uns mit Cindy aus
Marzahn begnügen, kann er sich mit der
Fernsehkultur der Zehnerjahre nicht anfreunden.
Zu einem Gastspiel war Kreis in Hamburg vor knapp zehn
Jahren. Als er im Vorfeld ein Hotelzimmer reservieren
wollte, scheiterte er an den Warteschleifen in der Leitung,
die es zu Zeiten schlecht eingerichteter Hotelzimmer nie
gegeben hätte. Von der Rezeption übers
Housekeeping bis hin zum Zimmerservice und dem Portier wurde
Kreis durch alle Abteilungen geschickt - bis er wieder beim
Empfang landete. Auf eine Reservierung verzichtete er
schließlich. Wo er wohl am Wochenende in Greven
übernachtet hat?
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