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Storno im Ballenlager (WN) Es ist die Frage aller Fragen eines
Jahresrückblicks. Wer oder was bleibt in Erinnerung?
Mutti Merkel? Sozi Sigmar? Der Papst mit Protzbischof im
Schlepptau? Weit gefehlt. Geht es nach mir, ist Lotti
die Heldin, hatte Thomas Philipzen schon früh
versprochen. Und Lotti, die bissige Schnappschildkröte
aus einem bayrischen Bergsee, wurde tatsächlich zum
Star dieses kabarettistischen Jahresrückblicks. Immer
wieder sollte das Tier von Philipzen ein Lied gewidmet
bekommen. Und immer wieder wurde das verhindert. Von Jochen
Rüther, dem wunderbar griesgrämig aufgelegten
Kollegen. Die starke Mimik und Gestik von Harald Funke
hinzugenommen, rief der Zwist um Lotti jene herrlich
unterhaltsamen Wortgefechte hervor, die Storno zu dem
machen, was sie sind: die Kabarettkönige des
Münsterlandes. ![]()
An zwei Abenden hintereinander fesselten sie das Publikum: Das Kabarettisten-Trio Thomas Philipzen, Harald Funke und Jochen Rüther hat mit seinem neuen Programm "Storno. Die Abrechnung 2013" im Ballenlager überzeugt. Damit wurde eine bewährte Tradition fortgesetzt. Damit setzte die Kulturinitiative Greven eine altbewährte Tradition fort. Jedes Jahr scheinen sie bissiger und sprachlich kreativer zu werden, so begeisterten sich einige Dauer-Fans von Storno am Schluss des dreistündigen kabarettistischen Rundumschlages. Das Jubiläum 60 Jahre Fußgängerzone ließ Funke als Rätselbild über die Bühne trippeln, während Rüther erst nach der sprachlichen Zugabe von Funke auf die Bedeutung dieses Aktes kam. 90 Jahre Radio und 50 Jahre Fußballbundesliga kombinierten sie in Anlehnung an die bekannte Radiosendung Tore-Punkte-Meisterschaften. Philipzen lief mundartlich auf bayerisch, rheinisch und norddeutsch zu Höchstform auf, indem er verschiedene Fußballkommentatoren in einem wahnsinnigen Sprachtempo nachahmte. Funke kam mit seinen Toren bei Hoffenheim kaum dagegen an, während Rüther die Funktion der Schaltzentrale übernahm. Es war einer der Sketche, durch die das Publikum kaum aus dem Lachen heraus kam. Rüther blieb wie gewohnt fast immer der gelassene und abgebrühte Mime. Das änderte sich schlagartig, als Philipzen seine Hymne auf Lotti, die Schnappschildkröte anstimmen wollte. Ein toller Gag aus den Nachrichten des Jahres 2013, der herrliche Übergänge schuf. Die Politik kam natürlich auch nicht zu kurz. Ronald Pofalla setzte das Trio zum Abschied aus der Politik ein letztes Denkmal, in dem es ihn schon als Verstärker bei den Toten Hosen sah. Obwohl die CDU an Mitgliedern verloren habe, zuckte der Angie-Fan Funke nicht zusammen. Angie ist doch nicht in der CDU. Die CDU ist bei Angie, konterte er trocken. Ethik in der CSU gebe es nicht. Die Grünen wurden als Salatisten abgestempelt, während der kleine Gysi die Wagenknecht abserviert habe. Dafür hat sie ihren Oskar erhalten, witzelte Funke. Als das Stichwort FDP fiel, bekam Funke einen Weinkrampf. Generationen von Kabarettisten hätten nur von dieser Partei gelebt, jammerte er. Philipzen, der aus dem schwarzen Paderborn stammt, brachte die Kirche mit ins Spiel. Tebartz sei die Abkürzung für teuerster Bischof aller Zeiten. Die Abdankung von Papst Benedikt begründete er damit, dass er Gallenkatholik sei. Zum Schluss wurde noch ganz aktuell die Große Koalition gefeiert. Philipzen stopfte sich ein Kissen unter das Hemd, um der Leibesfülle von Sigmar Gabriel nahezukommen. Rüther krönte sich als Horst Seehofer, König von Bayern. Harald Funke trat als Kaiserin Angie auf. Das herrliche Schlussbild ließ das begeisterte Publikum nicht ruhen. Tosender Applaus wurde mit Zugaben aus früheren Programmen belohnt.
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