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Klassik-Open-Air am Beach
(WN)
Schöner ist es schon, wenn der Himmel voller Geigen
hängt statt dieser schweren Wolken, die den Blick auf
die Sterne verstellen. Sie sind da, man sieht sie nur
nicht, beruhigte zum Auftakt des Klassik-Konzerts am
Beach der Dirigent der Nordwestdeutschen Philharmonie,
Markus Huber, und versprach angesichts der herbstlichen
Brisen heiße Rhythmen und wärmende
Melodien und begann das achte Open-Air-Konzert
Sterne des Südens mit einer musikalischen
Lüge . . .
Vielen der gut 600 Zuhörer, die sich
eingemummelt in Decken, Regencapes und Kapuzenjacken
auf einen Wohlfühlabend freuten, ist bei Verdis
Nabucco-Ouvertüre sicher die unausrottbare
Schnulzenzeile von Freddy Breck durch den Kopf gegangen:
Überall auf der Welt scheint die So-ho-honne .
. Nur eben in Greven nicht. Aber die tapferen
Zuhörer wurden für ihre Geduld gleich doppelt
belohnt: Der große Regen hielt sich bis zum
Schlussakkord zurück, und die trotz der Widrigkeiten
bestens aufgelegten Musiker auf der Bühne gaben
wirklich alles.
Allen voran der Star des Abends, der junge ungarische
Klarinettist Zsigmond Kara, der gleich im zweiten Stück
mit einer schier unglaublichen Sicherheit durch Rossinis
vertrackte Variationen eilte und seinem Instrument einen
warmen, runden, bisweilen feierlichen Ton entlockte, dass es
eine Wonne war, ihm zuzuhören. Wenn er nicht
Klarinette spielt, was selten vorkommt, sagte Markus
Huber, dann kocht er mit Leidenschaft. Worauf
ein Zuhörer seinem Nachbarn zuraunte: Wenn der
nur halb so gut kocht, wie er spielt, dann hat er seine
ersten Sterne schon verdient.
Nach George Bizets schmissiger Carmen-Suite (die
Solotrompeter Felix Hirn wohl am meisten genoss) und dem
ebenfalls zum Mitsummen und Mitwippen einladenden Finale der
Wilhelm-Tell-Ouvertüre kündigte Dirigent Huber
nach Art eines Zirkusdirektors den Höhepunkt des Abends
an: Den Drahtseilakt, die absolute Todesnummer!
Die, bei Windstärke acht auf der Bühne wer
sonst? Zsigmond Kara in Angriff nahm mit Luigi Bassis
Fantasien über Verdis Oper Rigoletto; die
wahrhaft akrobatische Fingerübungen, wahnwitzige
Läufe bis in die obersten Etagen und zirkusreife
Hochgeschwindigkeitssicherheit verlangte die Zsigmond
Kara scheinbar leicht und locker meisterte. Das,
sagte Markus Huber, der wohl mitgezählt hatte,
waren ungefähr 53 000 Noten in sieben
Minuten.
Schade, auch das muss angemerkt werden, dass ausgerechnet
hier die Übertragungstechnik Probleme hatte und dem
Klarinettisten immer mal wieder mit unangenehm lauten
Knacken in die Parade fuhr.
Als die Wolken noch mal dicker wurden und der Wind noch
heftiger durch die Eichen brauste, strichen die
Philharmoniker kurzerhand den Johann Strauß (Die
Rosen des Südens wären ohnehin wohl
weggeweht worden) und setzten mit dem aufpeitschenden
Soundtrack aus Fluch der Karibik,
Giménez Hochzeits-Zarzuela und dem zu Recht
weltberühmten Danzón Nr. 2 von Arturo
Márquez einen fulminanten Schlusspunkt unter einen
Konzertabend, der im Grunde alles zu bieten hatte:
Sommerwind satt, ein tolles Orchester, einen noch tolleren
Solisten, heiße Rhythmen und wärmende
Melodien.
Aber schöner ist es schon, wenn der Himmel voller
Geigen hängt . . .
Trocken wird es auf jeden Fall im November, wenn die
Nordwestdeutschen Philharmoniker aus Herford wieder nach
Greven kommen, um in der Josef-Kirche Brahms Requiem zu
spielen.
Klassik-Open-Air am Beach
(GZ)
Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur falsche
Kleidung. Nach diesem Motto strömten am Sonntagabend
über 600 Besucher auf den Konzertplatz an der Emsaue,
um das 8. Klassik-Open-Air-Konzert live und hautnah zu
erleben.
Zünftig waren sie ausgerüstet, mit Regenkleidung,
Regenschirm, Woll- und Thermodecken, wärmenden
Sitzkissen und sogar Wintermänteln. Bis zu
Windstärke acht fegte der Sturm über den Platz,
gespickt mit vereinzelten Tropfen. Doch das Publikum
lauschte dem zweistündigen Konzert voller Begeisterung.
Egon Koling, Vorsitzender der Kulturinitiative Greven,
begrüßte mit einem gar kühnen und
zutreffenden Vergleich: Auch in Verona kommen die
Besucher bei gutem und bei schlechtem Wetter.
Veranstalter und Besucher wurden für ihren Aufwand
belohnt mit dem musikalischen Programm Sterne des
Südens der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford
unter der Leitung von Markus Huber. Auch wenn sie die
Sterne des Südens nicht sehen, sie sind da über
der Wolkendecke, tröstete Huber, der sich zu
seinem facettenreichen Dirigat als ebenso eloquenter
Moderator präsentierte. Für die dritte Kooperation
mit dem Summerwinds-Festival konnte der ungarische Solist
Zsigmond Kara (Klarinette) für das Konzert gewonnen
werden.
Bereits die Ouvertüre zur Oper Nabucco von Guiseppe
Verdi zeigte die Qualitäten des Orchesters. Bekannte
Melodien tauchten auf und wurden unverschnörkelt,
authentisch und absolut klangstark interpretiert. Immer
wieder fiel auf, wie ausgewogen die Instrumentengattungen
aufeinander eingingen. Die feine Abstimmung zwischen den
Bläsern und den Streichern ließ jedem Instrument
den nötigen Klangraum.
Bei Kompositionen von Gioacchino Rossini und Luigi Bassi
betrat der 25-jährige Kara die Bühne für
seine Auftritte mit dem Orchester. Es hätte den Hinweis
auf seine Qualifizierung durch Huber nicht gebraucht, denn
sein virtuoses und emphatisches Spiel überzeugte
vollends. Das waren 53 000 Noten in sieben Minuten
für den Solisten, kommentierte Huber Karas
Interpretation der Phantasie Brillante über Verdis Oper
Rigoletto von Bassi.
George Bizets Carmen-Suite und Gioacchino Rossinis Finale
der Ouvertüre zur Oper Wilhelm Tell
belegten einmal mehr die Qualität des Orchesters. Und
die Filmmelodie zum Fluch der Karibik entfachte
den musikalischen Sturm auf der Bühne sowie den
stürmischen Applaus des Publikums.
Mit dem Intermezzo aus dem Hochzeitsstück des Luis
Alonso, komponiert von Geronimo Gimenez, und dem Danzon Nr.
2 des mexikanischen Komponisten Arturo Marquez belegte das
Orchester spanisch-südamerikanisches Temperament mit
echten Kastagnetten. Die ersten Konzertflüchtlinge gab
es erst bei der Zugabe doch das lag nicht an der
Musik, sondern am einsetzenden dichteren Regen.
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